Tödliche Tarnung

Folge: 724 | 1. März 2009 | Sender: SWR | Regie: Rainer Matsutani
Bild: SWR/Stephanie Schweigert
So war der Tatort:

Pilotfilmähnlich.

Beim dritten gemeinsamen Einsatz der Stuttgarter Hauptkommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) setzt Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt (Hart an der Grenze) nämlich fort, was er im Vorgänger In eigener Sache bereits begann: Er verleiht dem aus Hamburg ins Ländle versetzten Lannert charakterlichen Tiefgang und erzählt von der dramatischen Vergangenheit des früher verdeckt ermittelnden Beamten, so dass sich Tödliche Tarnung fast wie ein Pilotfilm für die neuen Stuttgarter Kommissare anfühlt.

Lannert trauert keineswegs um seine verstorbene Schwester, wie er seiner hübschen Nachbarin Lona (Birthe Wolter) noch in der letzten Folge bei Kerzenschein hatte weismachen wollen, sondern um Frau und Kind, die er bei einem Undercover-Einsatz in der Hansestadt durch einen tragischen Zufall verlor. Der Clou: Damals ermittelte Lannert gegen den Waffenhändler Victor de Man (Filip Peeters, Schürfwunden), dem er in Tödliche Tarnung nun erneut begegnet, und der den Fall zur persönlichen Abrechnung mit dem international agierenden Bonvivant macht.

Beste Voraussetzungen für einen hochklassigen Krimi (man denke nur an die Vergangenheitsbewältigung, die man beispielsweise im Münchner Tatort-Meilenstein Der oide Depp betrieb), doch leider krankt der dritte gemeinsame Einsatz der Stuttgarter Kommissare an einem eklatanten Problem: Der Fall in der Gegenwart ist nicht halb so interessant wie Lannerts dramatische Erlebnisse der Vergangenheit.

Die Täterfrage wird erst gar nicht gestellt – schon in der Eröffnungssequenz zeigt Regisseur Rainer Matsutani (Das ewig Böse), wie ein Auftragskiller im Anzug einen Zollbeamten hinrichtet und mit einem Schuss durch die Hand sein Markenzeichen hinterlässt, dass Lannert direkt zu de Man führt (dem er 2013 in Spiel auf Zeit ein weiteres Mal begegnet).

Seinen Kollegen Bootz lässt er darüber zunächst im Unklaren, so dass man sich die erste halbe Tatort-Stunde eigentlich direkt schenken kann, weil Bootz wild im Nebel stochert und die Geschenkefrage für Geburtstagskind Lannert ohnehin die wichtigere zu sein scheint.

In Erinnerung bleibt allenfalls das gruselige Mienenspiel von Dagmar Sachse (Oskar), die als trauernde Zollbeamtin Babette Kerner schon übereifrig mit dem Betreten-Dreinschauen loslegt, bevor die Kollegen von der Mordkommission sich überhaupt vorgestellt haben.

In der Folge geht es dann weniger um den Mord, sondern vielmehr um die nächste Waffenlieferung, die Lannerts ewiger Gegenspieler de Man geschickt zu tarnen weiß, bevor ihm in letzter Sekunde das Handwerk gelegt wird – und er einen am Ende doch siegreichen Kommissar allein an der Hotelbar zurücklässt. Eine Einstellung, wie gemalt für ein gefrierendes Bild und den nahtlosen Übergang in den Abspann – doch was passiert?

Das Drehbuch fährt noch einmal den Kuschelkurs und lässt Lannert und Bootz gemeinsam mit dem Rest der Stuttgarter Kollegen auf Lannerts Geburtstag anstoßen. Zwar früh zu befürchten, am Ende aber furchtbar kitschig – und nur ein Grund von vielen, warum Tödliche Tarnung trotz seiner hohen Relevanz für das Figurenkonstrukt in der Schwabenmetropole letztlich nicht über das graue Mittelmaß hinauskommt.

Bewertung: 5/10

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