Bluthochzeit

Folge: 772 | 19. September 2010 | Sender: SWR | Regie: Patrick Winczewski
Bild: SWR/Stephanie Schweigert
So war der Tatort:

Menschenleer.

Vieles im Tatort Bluthochzeit, der die Konstanzer Hauptkommissarin Klara Blum (Eva Mattes) fernab des geliebten Bodensees über abgelegene Landstraßen, endlos grüne Wiesen und in düstere Wälder führt, erinnert an die starke Vorgängerfolge Der Polizistinnenmörder, die gut acht Monate vor der Erstausstrahlung von Bluthochzeit im Ersten auf Sendung ging.

Diesmal sind die Rollen allerdings vertauscht: Blum, die erneut ohne ihren im Präsidium ausharrenden Kollegen Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) loszieht, ist diesmal nicht die Gejagte, sondern die Jägerin, und macht sich gemeinsam mit dem frisch verheirateten Hanno Brünner (Peter Kremer, Todesbilder) auf die Suche nach dessen nach altem Brauch entführter und zugleich in Lebensgefahr schwebender Braut Beate Gellert (Petra Schmidt-Schaller, ermittelt später als Tatort-Kommissarin Katharina Lorenz in Hamburg und Umgebung). 

Doch während die vermeintliche Abstinenz der menschlichen Bevölkerung im Polizistinnenmörder, in dem Blum und ihr Schweizer Kollege Reto Flückiger (Stefan Gubser) mit einem Strafgefangenen durch verschneite Bergregionen stiefeln und von Ganoven unter Beschuss genommen werden, vortrefflich mit den eisigen Winterlandschaften harmoniert und sich enorm spannungsfördernd auswirkt, will sich die offensichtliche Menschenleere beim alkoholschwangeren Ausflug in Bluthochzeit nie wirklich mit der idyllischen Wald- und Wiesenkulisse im baden-württembergischen Frühling vereinbaren lassen. 

Bis auf einen Gastwirt, bei dem die Braut und ihre vier Entführer auf ein paar Bierchen einkehren, scheint die Gegend wie ausgestorben. Nun finden Hochzeitsfeiern in aller Regel am Wochenende statt – doch an den herrlichen Ausflugsecken, die die Truppe im Laufe ihrer Odyssee ansteuert – einen malerischen Badesee, plätschernde Gebirgsbäche und einen Sessellift – ist in diesem Tatort keine Menschenseele anzutreffen.

Patrick Winczewski (Tod auf dem Rhein), der unter anderem bei den Bodensee-Krimis Im Netz der Lügen und Nachtkrapp Regie führte, steht vor einem Dilemma: Er inszeniert den 772. Tatort, dessen Verfolgungsjagd über Stock und Stein im späteren Katastrophentatort Der Wald steht schwarz und schweiget wieder aufgewärmt wird, durchaus packend, die Geschichte von Drehbuchautor Stefan Dähnert (Schlaraffenland) aber wirkt viel zu konstruiert. 

Dass keiner der vier männlichen Hochzeitsgäste, die alle ein Geheimnis mit sich spazieren tragen, den anderen kennt und man sich einander erst nach einer guten Stunde vorstellt, ist ein weiteres Beispiel für den seltsam künstlich erzeugten Spannungsbogen und die mangelnde Glaubwürdigkeit, an der Bluthochzeit nach einem bleihaltigen Auftakt mit Beginn der Brautentführung zunehmend krankt. 

Da passt es ins Bild, dass Braut und Bräutigam, die ein rund zwanzigjähriger Altersunterschied trennt, nicht recht zueinander passen wollen und mit dem stocksteifen Üppe (Godehard Giese, Fette Hunde), den man zum Tragen einer – Hallo! Ich bin verklemmt! – Männerhandtasche nötigt, ein echtes Vorzeige-Muttersöhnchen mit von der Partie ist. 

Dreimal darf geraten werden, wer am Ende wohl das schwächste Glied in der Kette der angetrunkenen Entführer ist. Na?

Bewertung: 4/10

1 Kommentar:

  1. Gestern Abend wurde dieser Tatort wiederholt. Von mir bekommt er 9/10.

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