Verfolgt

Folge: 915 | 7. September 2014 | Sender: SRF | Regie: Tobias Ineichen
Bild: ARD Degeto/SRF/Daniel Winkler
So war der Tatort:

Verschwörungstheoretisch.

Nachdem zuletzt in Kaltstart eine ferngesteuerte Drohne durch Wilhelmshaven schwirrte und die Bundespolizei-Ermittler Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) aus sicherer Distanz beobachtete, widmen sich Regisseur Tobias Ineichen (Skalpell) und Drehbuchautor Matthias Mauren im Schweizer Tatort Verfolgt einem ähnlichen Thema: Einleitend hetzt ein paranoider Verschwörungstheoretiker durch Luzern, während die Hauptkommissare Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) den Mörder seiner Geliebten suchen.

Ist IT-Experte Tom Behrens (Alexander Beyer, Ein ganz normaler Fall), der geheime Bankkonto-Daten seines Arbeitsgebers entwendet hat und selbst hinter einer Verhör-Aufzeichnung die ganz große Verschwörung wittert, am Ende selbst der Täter? Man darf Zweifel anmelden, denn schon bald konzentrieren sich die Ermittlungen auf den schmierig grinsenden Schweizer Privatbankier Sonderer (Pierre Siegenthaler) und den aalglatten deutschen Staatssekretär Demand (Markus Scheumann). 

Der Luzerner Tatort soll nach Kritik von allen Seiten politischer werden und das ist in Verfolgt in vielen Sequenzen zu spüren. Rein handwerklich leisten die Filmemacher dabei gute Arbeit: So eilt Behrens zu treibenden Elektro-Klängen, die wie eine aufgemotzte Variante des Chromatics-Tracks Tick of the clock (aus dem Soundtrack zu Nicolas Winding Refns Meisterwerk Drive) klingen und nicht zufällig im TV-Spot einer deutschen Großbank eingeflochten wurden, durch die Seestadt, während Kamera und Inszenierung das Vorhandensein der unsichtbaren Verfolger gekonnt suggerieren.


BEHRENS:
Sind wir nicht alle Whistleblower?

FLÜCKIGER:
Hören Sie mir doch auf mit diesem Wikiliki-Scheiß!


In der Folge verbraucht sich dieses Katz-und-Maus-Spiel allerdings recht schnell: Das immergleiche Soundbett ermüdet ebenso wie die einmal mehr mangelhaft synchronisierten, hölzernen Dialoge. Und wer glaubt, dass der ebenfalls unter Tatverdacht stehende Arbeitslose Michael Straub (Georg Scharegg) aufgrund einer blutverschmierten Jacke im Hausmüll der Täter sein muss, hat vermutlich noch nie bei einem Sonntagskrimi mitgerätselt.

Auch der abschließende Rundumschlag gegen das Finanzwesen und reiche Steuersünder ist zweifellos brandaktuell und gut gemeint, aber aller Schweizer Selbstironie zum Trotz (Flückiger: "Currywurst können die Deutschen definitiv besser!") nur mäßig gut gemacht.

Ärgerlich ist aber vor allem die plumpe Figurenskizzierung: Der völlig überzeichnete Regierungsrat Mattmann (Jean-Pierre Cornu), der Sonderer und Demand im Sinne der deutsch-schweizerischen Völkerverständigung aus der Schusslinie hält und die Kommissare immer wieder ausbremst, mausert sich zum nervigsten Nebencharakter der Krimireihe und agiert auch hier wieder ohne jeden kriminalistischen Instinkt. "Die Schweiz ist ein so wunderschönes Land, Herr Mattmann", darf Demand denn auch vielsagend säuseln, beim Zuschauer gezielt die Wut wecken und sich unverhohlen über die Machtlosigkeit des Polizeiapparats freuen.

Immerhin: Verfolgt ist der bis dato beste Tatort aus Luzern und nach Schmutziger Donnerstag und Geburtstagskind ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Allen abgegriffenen Dialogformeln zum Trotz.


MATTMANN:
Können wir denn da gar nichts mehr machen?

FLÜCKIGER:
Nein. Die sind mächtiger als wir.


Bewertung: 5/10

1 Kommentar:

  1. Musikalische "Untermalung" total nervig und geisttötend,
    Dialoge manchmal schwer verständlich, trotzdem fehlt das Lokal-Kolorit,
    Story spannend, Kommissare voller Action, jedoch am Ende erfolglos.

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