Klingelingeling

Folge: 1005 | 26. Dezember 2016 | Sender: BR | Regie: Markus Imboden
Bild: BR/Bavaria Fernsehproduktion GmbH/Bernd Schuller
So war der Tatort:

Rumänisch.

Denn gut die Hälfte aller Figuren in Klingelingeling stammt aus Osteuropa und spricht nur in Landessprache: München ist zur Vorweihnachtszeit fest in der Hand einer rumänischen Bettelbande, die ihr Quartier in einer leerstehenden Fabrikhalle am Stadtrand aufgeschlagen hat und Tag für Tag in die Innenstadt pendelt, um rund um den Weihnachtsmarkt die im Dezember traditionell hohe Spendenbereitschaft der Deutschen auszunutzen.

Drehbuchautorin Dinah Marte Golch (Einmal wirklich sterben) hat ein sehr passendes Thema für den Weihnachtstatort 2016, dessen Titel bewusst doppeldeutig gewählt ist, gefunden – und Regisseur Markus Imboden, der auch den Vorgänger-Tatort Wendehammer aus Frankfurt inszenierte, bringt die Ermittlungsarbeit gekonnt mit stimmungsvollen Adventsbildern in Einklang.

Vor allem die erste Krimihälfte steht ganz im Zeichen des Vorweihnachtstrubels: In der Kantine des Präsidiums schallt ein lautstarkes "Stille Nacht, heilige Nacht" aus den Kehlen des Polizeichors, im Kollegenkreis werden feierlich Wichtelgeschenke verteilt und das traditionelle Gansessen am Heiligabend will auch noch rechtzeitig geplant werden.

Die Filmemacher nutzen die Gelegenheit für ein paar gelungene Gags und generieren damit einige Lacher: Während beim alleinstehenden Hauptkommissar Ivo Batic (Miroslav Nemec) fast im Zehn-Minuten-Takt Absagen für eine gemeinsame Feier am 24. Dezember eintrudeln, graut seinem Kollegen Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) vorm besinnlichen Feiern mit seiner nervtötenden Mutter, für die er einfach kein passendes Präsent findet. Sein enttäuschendes Wichtelgeschenk aus dem Vorjahr hingegen landet beim heimlichen Weiterverschenken genau beim richtigen Adressaten: Assistent Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer) freut sich darüber wie ein Schneekönig.


LEITMAYR:
Was ist denn das für eine grässliche Brühe?

HAMMERMANN:
Das ist mein Wichtelgeschenk. Kaffee mit Spekulatiusgeschmack!


Kontrastiert werden diese heiteren Töne mit den tristen Bildern aus dem Armenmilieu, die an den Münchner Tatort Schattenwelt oder den Kölner Tatort Platt gemacht erinnern: Dass die Hauptkommissare in Klingelingeling auf den Plan gerufen werden, liegt am Fund eines toten Neugeborenen, das jemand in einer Kirche am Alten Südfriedhof abgelegt hat, wo die obdachlosen Werner (Wolfgang Pregler, Freigang) und Andy (Ferdinand Dörfler, Todesangst) Quartier bezogen haben.

Während der Zuschauer um die Vorgeschichte des getöteten Kindes weiß, müssen sich Batic und Leitmayr alles mühsam erarbeiten: Ins Visier der Ermittler gerät die rumänische Bettelbande unter Leitung des skrupellosen Clanchefs Radu Stelica (Florin Piersic jr.) und des Busfahrers Klaus Bernauer (Florian Karlheim, Ein neues Leben), zu der auch die jungen Schwestern Tida (Mathilde Bundschuh, gab uns im Vorfeld ein lesenswertes Interview) und Anuscha Dablika (Cosmina Stratan) zählen.

Als klassischer Whodunit funktioniert die 1005. Ausgabe der Krimireihe dank der ausführlichen Einleitung aber nur sehr bedingt, denn auch die obligatorische zweite Tatort-Leiche dürfte nur wenigen Zuschauern Rätsel aufgeben. In erster Linie geht es aber auch um etwas anderes: Die Filmemacher entführen das Publikum in die glaubwürdig skizzierte Bettlerszene, deren Strukturen von Angst, Gewalt und finanzieller Abhängigkeit geprägt sind.

Viel Neues haben sie allerdings nicht zu erzählen: Die Mechanismen sind überwiegend bekannt und die Ohnmacht des Polizeiapparats gegenüber der organisierten Kriminalität wurde in den letzten Tatort-Jahren schon deutlich mitreißender illustriert – zum Beispiel in Zahltag oder in Deckname Kidon. Antriebsfeder der Geschichte ist daher eher das Schicksal der rumänischen Schwestern, die auf den kalten Straßen der bayrischen Landeshauptstadt zwischen alle Fronten geraten.

Gemessen am herausragenden letzten Münchner Tatort Die Wahrheit, der mit einem ungewohnten Cliffhanger für Gesprächsstoff sorgte und in Der Tod ist unser ganzes Leben fortgesetzt wird, ist Klingelingeling damit eine kleine Enttäuschung: Spannungsmomente sind ebenso rar gesät wie Überraschungen und die letzten Minuten driften sogar in den Kitsch ab, wenn auf Kommando die ersten Schneeflocken vom Himmel fallen.

Immerhin: Batic und Leitmayr finden für ihre Heiligabendprobleme eine gute Lösung – und das ist in einem Weihnachtskrimi wie diesem ja vielleicht auch die Hauptsache.

Bewertung: 6/10

Wendehammer

Folge: 1004 | 18. Dezember 2016 | Sender: HR | Regie: Markus Imboden
Bild: hr/Degeto/Bettina Müller
So war der Tatort:

Nachbarschaftlich.

Denn der vierte Fall der Frankfurter Hauptkommissare Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) spielt genau dort, wo es der ungewöhnliche Krimititel vermuten lässt: in einem Wendehammer. Dort leben sie, die Nachbarn, Haus an Haus, und kennen doch kaum mehr als den Nachnamen voneinander.

Das ändert sich schlagartig, als einer von ihnen spurlos verschwindet: Der rüstige Rentner Gerd Abendroth (Joachim Bißmeier, Alter Ego) ist nicht zum obligatorischen Rommétermin am Mittwochabend erschienen – und so macht sich seine Nachbarin Betti Graf (Cornelia Froboess, Mord am Fluss) große Sorgen. Trotz der Blutspuren in der Wohnung des Vermissten fehlt es dem Krimi damit an der obligatorischen Auftaktleiche, aber auch sonst brechen die Drehbuchautoren Andrea Heller und Stephan Brüggenthies (Das erste Opfer) fleißig mit den Tatort-Konventionen und setzen einen für Frankfurter Verhältnisse überraschend humorvollen Akzent: Im Wendehammer geben sich die schrägen Figuren die Klinke in die Hand und stürzen die verdutzten Kommissare bei ihren Befragungen von einer Verlegenheit in die nächste.

Nach dem starken Psychothriller Die Geschichte vom bösen Friederich gibt es diesmal totales Kontrastprogramm in Form von köstlichem Dialogwitz und reichlich skurrilen Charakteren, die bis in Karikatureske überzeichnet werden: Da ist die alleinstehende Krimi-Autorin Graf, die die Kommissare mit klugen Ratschlägen zu ihren Ermittlungsmethoden nervt, die divenhafte Opernsängerin Olga (Susanne Schäfer, Das Haus am Ende der Straße), die sich ihr Eigenheim mit Bildern von sich selbst zukleistert – und nicht zuletzt der paranoide IT-Freak Nils Engels (Jan Krauter, Das Recht, sich zu sorgen), der sein Haus mit Kameras und hochmoderner Sicherheitstechnik hermetisch von der Außenwelt abschottet.


BRIX:
Warum haben Sie einen Elektrozaun?

ENGELS:
Kleinsäugetiere!?


Tiefgefrorene Haustiere, kläffende Hundebesitzerinnen und hinterlistige Attacken mit dem Laubsauger: Der 1004. Tatort gehört zum Schrägsten, was die Krimireihe in den letzten Jahren erlebt hat und brachte Zuschauer, die sich auf einen realitätsnahen Whodunit gefreut haben, bei seiner TV-Premiere schon nach Minuten auf die Palme. Die bizarre Situationskomik dehnt sich sogar bis ins Präsidium aus, wenn Chef Henning Riefenstahl (Roeland Wiesnekker) mit einer bemerkenswerten Akribie sämtliche Glühbirnen aus den Schreibtischlampen schraubt.

Einmal mehr macht es sich der Hessische Rundfunk, der mit den eigenwilligen Beiträgen aus Wiesbaden ein hochkarätiges zweites Eisen im Feuer hat, zur Aufgabe, die Grenzen der Krimireihe auszutesten. In den Klamauk driftet Wendehammer, der bei der Vorpremiere auf dem Filmfest Hamburg viel Applaus erntete, unter Regie von Markus Imboden (Einmal wirklich sterben) aber nie ab: Der subtile Humor zieht sich wie ein roter Faden durch den Film – erst nach einer guten Stunde und zwei gelungenen Twists schlagen die Filmemacher einen ernsthafteren Erzählton an und setzen sich intensiv mit dem Thema Massive Data auseinander, das der unter dem Strich etwas überambitionierten Geschichte den erzählerischen Rahmen gibt.

Wie im futurischen Stuttgarter Beitrag HAL und im schwachen Bremer Tatort Echolot geht es irgendwann nur noch um die Gefahren der massenhaften Datenspeicherung und der digitalen Vernetzung: IT-Spezialist Engels hat mit seinem Geschäftspartner Daniel Kaufmann (Constantin von Jascheroff, Schwerelos) einen Algorithmus entwickelt, um den er im Silicon Valley beneidet wird. Hier versandet der Tatort ein Stück weit in der Beliebigkeit: Das Thema wurden im Jahr 2016 schon ausgiebig abgefrühstückt, scheint bei den Autoren aber so fest zum Inventar zu gehören wie Flüchtlinge, Rechtspopulisten oder radikale Islamisten.

Spätestens, als die Kommissare nach einem großen Datencrash im Dunkeln ermitteln, überspannen die Filmemacher den Bogen deutlich – das enttäuschende letzte Krimidrittel wird auch durch die zynische Schlusspointe nicht mehr entscheidend aufgewertet. Deutlich positiver in Erinnerung bleibt der kultige Pulp Fiction-Tanz, bei dem Janneke in bester Uma Thurman-Manier auf der Geburtstagsparty von Brix' Mitbewohnerin Fanny (Zazie de Paris) eine heiße Sohle aufs Parkett legt.

Bewertung: 7/10

Dunkelfeld

Folge: 1003 | 11. Dezember 2016 | Sender: rbb | Regie: Christian von Castelberg
Bild: rbb/Oliver Vaccaro
So war der Tatort:

Ausführlich.

Und das unterscheidet Dunkelfeld erheblich von den vorherigen drei Tatort-Folgen aus Berlin: Mussten die beiden Haupt(stadt)kommissare Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke) in Das Muli, Ätzend und Wir - Ihr - Sie noch jeweils einen eigenständigen Mordfall aufklären, können sie sich diesmal ganz auf den Fall konzentrieren, der bisher nur nebenbei erzählt wurde – den Mord an Karows Ex-Kollegen Gregor Maihack (Roberto Thoenelt).

Dieser parallel laufende Handlungsstrang engte vor allem den überfrachteten Tatort Ätzend spürbar ein – diesmal aber stehen den Filmemachern die vollen 88 Minuten für die Auflösung der Täterfrage und einen actiongeladenen Showdown zur Verfügung. 88 Minuten, die mit Inhalt und Leben gefüllt werden wollen, und genau da liegt der Hase im Pfeffer: Für die gesamte Spielfilmlänge erscheint das letzte Kapitel der Maihack-Geschichte unter dem Strich etwas dünn.

Dabei geht es spannend los: Kronzeuge Andi Berger (Robert Gallinowski) will endlich die entscheidende Aussage machen, um danach in ein Zeugenschutzprogramm überführt zu werden. Doch dazu kommt er nicht: Auf dem Weg zu Staatsanwalt Harald Hemrich (Holger Handtke) wird er direkt vor Karows Augen erschossen - und nimmt das Geheimnis um das Handyvideo, das Maihacks Tod dokumentiert, mit ins Grab.

All das geschieht, während Rubin die Bar Mitzwa ihres Sohns Kaleb (Louie Betton) vorbereitet, die in der Folge in aller Ausführlichkeit dokumentiert wird - während Karow an vorderster Front in die Fänge von Kriminellen gerät, muss Rubin erstmal ihr Privatleben in den Griff kriegen. Zu allem Überfluss montieren die Filmemacher diesen mehr als zähen Handlungsstrang unter anderem parallel zu einem actiongeladenen Treffen im Parkhaus und schicken die Spannungskurve damit direkt wieder auf Talfahrt.

Spätestens nach einer Stunde schleicht sich im 1003. Tatort der Verdacht ein, dass man das alles auch deutlich kompakter hätte erzählen können: Die dynamische Inszenierung von Regisseur Christian von Castelberg (Herrenboxer) und das echtzeitähnliche Szenario können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Geschichte oft künstlich in die Länge gezogen wird – ein Krimineller nimmt sich irgendwann sogar die Zeit, zwischendurch ein Buch zu lesen.

Während Karow in Gefangenschaft um sein Leben fürchten muss, verbringen Rubin und die eifrige Hospitantin Anna Feil (Carolyn Genzkow) in der zweiten Filmhälfte den Großteil ihrer Zeit plaudernd im Wagen oder lassen ihren Kollegen Mark Steinke (den wir diesmal weder zu sehen, noch zu hören bekommen) Hintergründe im Internet recherchieren, statt es einfach selbst zu tun. Auch Kommissar Zufall darf fleißig mitermitteln: Insbesondere der Fund des Videos, um dessen Versteck der Zuschauer schon früh weiß, wirkt konstruiert und findet genau in jenem Moment statt, der dramaturgisch am besten ins Konzept passt.

Wer über diese Schwächen im Drehbuch von Stefan Kolditz (Verbrannt) hinwegsehen kann, darf sich aber an einem kurzweiligen und knallharten Großstadtthriller erfreuen, der mit einem Tatort im klassischen Sinne nur wenig gemeinsam hat: Durch den hohen Action- und Gewaltanteil werden eher Erinnerungen an den Hamburger Tatort mit Til Schweiger und Fahri Yardim wach. Doch anders als den Beiträgen aus dem hohen Norden fehlt es denen aus Berlin nicht an Tiefgang: Die beiden Hauptfiguren werden auch dank des engagierten Spiels von Meret Becker und Mark Waschke mit Leben gefüllt, so dass ihr vierter gemeinsamer Fall doch immer wieder mitreißt.

Für zartbesaitete Zuschauer ist der Film allerdings nichts: Dunkelfeld fällt überraschend blutig aus und spielt keine einzige Minute im Präsidium, sondern fast ausschließlich auf den Straßen und Baustellen der Hauptstadt. Ortskundige Zuschauer erkennen bei diesem Streifzug viele Schauplätze wieder – ein erfreuliches neues Markenzeichen der Berliner Tatort-Folgen, denen es zu Zeiten von Till Ritter (Dominic Raacke) und Felix Stark (Boris Aljinovic) oft an Lokalkolorit mangelte.

Bewertung: 6/10

Wofür es sich zu leben lohnt

Folge: 1002 | 4. Dezember 2016 | Sender: SWR | Regie: Aelrun Goette
Bild: SWR/Patrick Pfeiffer
So war der Tatort:

Poetisch.

"Das Leben ist flüchtig, flatterhaft, empfindlich. Eine ganz schöne Zicke ist das Leben. Alle wollen doch nur das Leben spüren, dieses kleine Luder", ertönen die weisen Worte aus dem Off, bevor Hauptkommissarin Klara Blum (Eva Mattes) und ihr Kollege Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) die Krimireihe für immer verlassen – es ist nur eine von vielen poetischen Sequenzen in diesem von sanfter Melancholie durchzogenen, philosophisch angehauchten Abschiedsfall aus Konstanz.

Wofür es sich zu leben lohnt - das ist die Frage, der sich auch Blum nach vierzehn Tatort-Jahren stellen muss: Ihr Herz macht nicht mehr mit, und so soll die Suche nach dem Mörder des ermordeten Rechtspopulisten Josef Krist (Thomas Loibl, Mord in der ersten Liga), der auf der Schweizer Seite des Bodensees in einem kleinen Ruderboot ans Ufer gespült wird, ihre letzte bleiben. Auch Major Matteo Lüthi (Roland Koch) darf nach seinen bisherigen drei Einsätzen ein letztes Mal mitspielen: In seinem Kanton wurde ein windiger Anlageberater ermordet, und schnell wird klar, dass die beiden Fälle miteinander verknüpft sind.

Regisseurin Aelrun Goette (Der glückliche Tod), die gemeinsam mit Sathyan Ramesh auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, setzt auf das gewohnte Whodunit-Prinzip, nimmt es mit den ungeschriebenen Gesetzen der Krimireihe aber nicht allzu genau: Wofür es sich zu leben lohnt ist ein bewusst überhöhter, faszinierender Tatort, der als Auseinandersetzung mit elementaren Fragen unseres Daseins genauso gut funktioniert wie als Krimi.

Am Ende der Straße, in einem Haus am See, endet der Kriminalfall und beginnt das Leben – denn dort wohnen die drei weisen Damen Catharina (Hanna Schygulla), Margarethe (Margit Carstensen) und Isolde (Irm Hermann, Gesang der toten Dinge), die Blum den Weg weisen möchten und den eigenen Frieden längst gefunden haben.


BLUM:
Wo waren Sie gestern Abend?

MARGARETHE:
Na hier? Wo sonst? Das da draußen ist doch nicht mehr unsere Welt.


Mit den drei älteren Frauen trifft Blum auf Schwestern im Geiste, die ihr schon nach wenigen Sätzen näher zu sein scheinen, als es Perlmann in zwölf gemeinsamen Dienstjahren je war.

Schygulla, Hermann und Carstensen haben sichtbar Spaß an ihren überzeichneten Rollen und mausern sich mit köstlichen One-Linern und augenzwinkerndem Spiel zu den heimlichen Publikumslieblingen im 1002. Tatort: Allein das Zusammenspiel der früheren Fassbinder-Schauspielerinnen, zu denen bekanntlich auch Eva Mattes zählt, ist das Einschalten wert und macht die eher flache Spannungskurve mehr als wett. Man muss kein Prophet sein, um früh vorauszusehen, dass der Weg zur Auflösung nur über die Villa am See führt – was genau sich zugetragen hat, halten die Filmemacher aber bis in die Schlussminuten offen.

Deutlich zu kurz kommen allerdings die parallel laufenden Ermittlungen auf der anderen Seite des Bodensees: Außer einem kurzen Hausbesuch bei einer im Kill Bill-Stil gekleideten Millionenerbin (Sarah Hostettler, Schwanensee) bringen Lüthi und seine Kollegin Eva Glogger (Isabelle Barth) nicht viel zustande – stattdessen ist der Schweizer Major oft mit Perlmann unterwegs, denn Blum ist in erster Linie mit sich selbst beschäftigt. Das Männerduo harmoniert prächtig und bringt nicht nur bei den Verhören von Krist-Witwe Anna (Julia Jäger, Narben) und Krist-Tochter Marie (Paula Knüpling) die nötige Dynamik ins Geschehen – und so stellt sich am Ende die Frage, ob man die beiden nicht schon früher gemeinsam auf Täterfang hätte schicken sollen, statt Lüthi im zähen Historienkrimi Chatêau Mort bei Kerzenschein und Rotwein mit Blum anbandeln zu lassen.

Begleitet von den Klängen klassischer Musik, gekonnt inszeniert und spürbar von Hannibal inspiriert, entlädt sich der poetische Diskurs über die Sünden, Rückschläge und Sinnhaftigkeiten im Leben schließlich in einem überraschend harten Schlussakkord, wie man sich ihn in den oft seichten Tatort-Folgen aus Konstanz gewünscht hätte: Schwachen Folgen wie Todesspiel, Letzte Tage oder Winternebel stehen rückblickend neben viel Mittelmaß auch tolle Beiträge wie Der Polizistinnenmörder, Herz aus Eis oder Rebecca gegenüber.

"In der Provinz liegt das wahre Grauen. Wenn wir versucht haben, einen auf städtisch zu machen, ging das meistens in die Hose", ließ Sebastian Bezzel in unserem Interview zum Film selbstkritisch durchblicken – Wofür es sich zu leben lohnt passt in keine der beiden Schubladen. Und auch in keine andere.

Bewertung: 7/10

Es lebe der Tod

Folge: 1001 | 20. November 2016 | Sender: HR | Regie: Sebastian Marka
Bild: HR
So war der Tatort:

Undurchsichtig.

Und das nicht nur aufgrund der dunklen Brillengläser des charismatischen Bösewichts: Mit Es lebe der Tod liefert der Hessische Rundfunk erneut einen herausragenden, lange Zeit rätselhaften Tatort, in dem sich die Puzzleteile der Geschichte nach und nach zu einem großartigen Gesamtkonstrukt zusammenfügen.

LKA-Kommissar Felix Murot (Ulrich Tukur) und seine Kollegin Magda Wächter (Barbara Philipp) treffen bei ihrem sechsten Einsatz auf einen kaltblütigen Serientäter: Arthur Steinmetz (Jens Harzer, Amour Fou) hat in Wiesbaden schon mehrere Menschen unter Drogen gesetzt und anschließend ins Jenseits befördert. Die neueste Leiche geht allerdings nicht auf sein Konto: Murot und Wächter haben selbst einen Mord inszeniert, um den Täter aus der Reserve zu locken und landen damit einen Volltreffer. Steinmetz geht den beiden nicht nur ins Netz, sondern gesteht auch alle anderen Taten und ist für den Rest des Films ihr Gefangener.

Ähnlich wie im Berliner Tatort Machtlos entwickelt sich durch diesen Verzicht auf das Whodunit-Prinzip ein reizvolles Kammerspiel, bei dem sich Ermittler und Täter auf Augenhöhe begegnen, weil der Kriminelle ein As im Ärmel hat und seelenruhig darauf wartet, es auszuspielen.

Trotz des subtilen Spannungsaufbaus und des auffallend ruhigen Erzählstils sind die Parallelen zu David Finchers Meisterwerk Sieben und ähnlich gelagerten Psychothrillern dabei nicht zu übersehen: Führte im hochspannenden Hollywood-Klassiker der eiskalte Serienmörder John Doe (Kevin Spacey) das FBI selbst in Gefangenschaft noch an der Nase herum, ist es hier der bemerkenswert gelassene Steinmetz, der den Ermittlern ein Puzzleteil nach dem nächsten zuspielt und sich selbst nicht etwa als Mörder, sondern als Erlöser seiner Opfer sieht.


STEINMETZ:
Haben Sie schon bemerkt, wie friedlich alle auf den Fotos aussehen? Fast lächeln? Keine Angst, keine Qual...

MUROT:
Weil sie einen Cocktail aus Barbituraten und Opiaten im Blut hatten. Da würde ich auch lächeln.


Wenngleich es mit einer späten Postzustellung im Präsidium sogar eine direkte Anspielung auf die krachende Schlusswendung in Sieben gibt, macht der Täter im 1001. Tatort aus seinem großen Ziel kein Geheimnis: Er möchte Murot töten – und ist felsenfest davon überzeugt, dass es ihm am Ende auch gelingen wird. Das Ableben des Kommissars scheint damit eine ernsthafte Option für den Ausgang der Geschichte: Spätestens seit der köstlich-selbstironischen Film-im-Film-Konstruktion Wer bin ich? ist in Wiesbaden nichts mehr unmöglich und das dramatische Finale somit vorprogrammiert.

Zwischen Murot und seinem potenziellen Mörder entwickelt sich ein reizvolles, wenn auch lange Zeit aufs Verbale beschränktes Katz-und-Maus-Spiel, wobei die zielstrebig zugespitzte Konfrontation nicht ganz so spektakulär ausfällt wie die mit Bösewicht Richard Harloff (Ulrich Matthes) in der alles überragenden Shakespeare-Western-Italo-Oper Im Schmerz geboren. Doch auch der geständige Mörder in Es lebe der Tod bleibt nachhaltig in Erinnerung: Theaterschauspieler Jens Harzer drückt dem fesselnden Krimidrama mit einer tollen Performance seinen persönlichen Stempel auf.

Aus den Augen des Antagonisten, der bei seinen Taten ähnlich unauffällig agiert wie Kult-Killer Kai Korthals (Lars Eidinger) aus Borowski und der stille Gast, schimmert neben Eiseskälte auch Unschuld und unerschütterliches Selbstvertrauen: Steinmetz strahlt eine rätselhafte Faszination aus, der man sich kaum entziehen kann.

Auch hinter der Kamera leisten alle Beteiligten erstklassige Arbeit: Regisseur Sebastian Marka (Hinter dem Spiegel) knüpft handwerklich nahtlos an seinen bärenstarken Frankfurter Tatort Das Haus am Ende der Straße an, während Drehbuchautor Erol Yesilkaya (Alle meine Jungs) nach seinem Cliffhanger im Münchner Beitrag Die Wahrheit erneut Gesprächsstoff liefert. Immer wieder verwischen in diesem atmosphärisch dichten, von einem wunderbaren Soundtrack begleiteten Psychodrama die Grenzen zwischen Traum und Realität, zwischen Gegenwart und Vergangenheit, was der Charakterzeichung dienlich ist: Während die Motive des Täters in dessen Kindheit liegen, darf Murot den Tod seines Vaters (Thomas Bartling) aufarbeiten, den er nie überwunden hat.

Der Ermittlungsalltag rückt dadurch oft in den Hintergrund: Das Erarbeiten neuer Erkenntnisse wird oft mit wenigen Sätzen zusammengefasst, statt es in gewohnter Tatort-Manier ausführlich zu illustrieren. Wer schon die letzten Beiträge aus Hessen nicht mochte, wird daher auch mit diesem Film Probleme haben – aber Mainstream war der Tatort aus Wiesbaden, der 2016 das Maße aller Dinge in der Krimireihe ist und auf Jahre hinaus bleiben wird, bekanntlich noch nie.

Bewertung: 9/10

Taxi nach Leipzig

Folge: 1000 | 13. November 2016 | Sender: NDR | Regie: Alexander Adolph
Bild: NDR/Meyerbroeker
So war der Tatort:

Würdig.

Denn fast genau 46 Jahre nach der ersten Ausgabe der erfolgreichsten deutschen Krimireihe feiert diese ihr großes Jubiläum: Taxi nach Leipzig ist nicht nur ein herausragender Thriller, sondern – zumindest nach offizieller Zählweise – die 1000. Tatort-Folge und trägt denselben Titel wie die erste mit dem knorrigen Hamburger Hauptkommissar Paul Trimmel (Walter Richter), der sich 1970 in die DDR aufmachte und dort eine Fahrt im Taxi nach Leipzig absolvierte.

Auch den gleichnamigen Jubiläumskrimi von 2016 kennzeichnen eine lange Autofahrt und (bundes-)länderübergreifende Ermittlungsarbeit: Tingelte Trimmel seinerzeit über die ehemalige innerdeutsche Grenze nach West-Berlin und Leipzig, fahren die in Kiel und Hannover beheimateten NDR-Kommissare Klaus Borowski (Axel Milberg) und Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) aus der Nähe von Braunschweig gen Sachsen. Besser gesagt: Sie werden gefahren – von einem kaltblütigen Mörder.

Am Steuer des Taxis, das Borowski, Lindholm und ihr älterer Kollege Sören Affeld (Hans Uwe Bauer, Großer schwarzer Vogel) nach Ende des zähen Tagesprogramms einer gemeinsamen Fortbildung besteigen, sitzt mit dem psychisch labilen Ex-Elitesoldaten Rainald Klapproth (Florian Bartholomäi, Weihnachtsgeld) eine fleischgewordene tickende Zeitbombe, die Affeld im Affekt das Genick bricht und die beiden Kommissare als Geiseln nimmt. Der traumatisierte Afghanistan-Rückkehrer hat nur noch eines im Kopf: Nach Leipzig fahren und seiner Ex-Freundin Nicki Lowkow (Luise Heyer) sagen, dass deren Verlobter Erik Tillmann (Trystan W. Pütter) bei einem Einsatz einen Befehl gegeben hat, bei dem Klapproth unschuldige Zivilisten töten musste.

In bester Cosmopolis-Manier spielt der Großteil des Films im Inneren des Autos: Borowski und Lindholm versuchen sich an billigen Psychotricks und scheitern damit kläglich, was einige gekonnt platzierte Lacher generiert.


LINDHOLM:
Wieviele Amokläufe haben Sie denn schon erlebt?

BOROWSKI:
Ich habe eine Dokumentation gesehen.

LINDHOLM:
Ach ja? Welche?

BOROWSKI:
Die auf Arte.


Dass die Jubiläumsfolge nicht nur dem Stammpublikum großen Spaß macht, liegt neben dem Verzicht auf das erzählerisch einengende Whodunit-Prinzip auch an der steilen Spannungskurve: Regisseur und Drehbuchautor Alexander Adolph, der unter anderem die Tatort-Hochkaräter Der oide Depp und Der tiefe Schlaf konzipierte, stellt erneut sein Ausnahmekönnen unter Beweis und inszeniert mit Taxi nach Leipzig einen packenden Psychothriller, der neben Spannung und Witz auch Kult, Klasse und Herz mitbringt.

Die Parallelen zu Martin Scorseses Meisterwerk Taxi Driver sind nicht zu übersehen: Ähnlich wie Ex-Marine Travis Bickle (Robert DeNiro) lässt Klapproth den Zuschauer an seiner Wut teilhaben und sich selbst zu einer Bluttat hinreißen. Als es die Ermittler nach dem ersten (aber nicht einzigen) Wendepunkt der Geschichte mit Wölfen zu tun bekommen (ein toller Verweis auf den Meilenstein Borowski und das Mädchen im Moor), darf das Publikum auch in die Gedankenwelt von Borowski und Lindholm hineinhören.

Verfeinert mit Italo-Western-Zitaten, atmosphärisch starken Horror-Anleihen und einem finsteren Soundtrack jagt ein Gänsehautmoment den nächsten: Der Mittelteil der 1000. Tatort-Folge gehört zum Spannendsten, was es bis dato in der Krimireihe zu sehen gab und mündet in ein dramatisches Finale, in dem die Filmemacher keine Kompromisse eingehen.

Neben Filmemacher Adolph glänzt auch der Rest des erfolgserprobten Personals: Während Maria Furtwängler im Tatort für Quote und Axel Milberg für Qualität steht, mimte der erneut hervorragende Florian Bartholomäi unter anderem den Mörder der Familie des Dortmunder Kollegen Peter Faber (Jörg Hartmann) in Auf ewig Dein.

Etwas enttäuschend sind allerdings die Cameo-Auftritte von Karin Anselm (verkörperte in den 80er Jahren die zweite weibliche Tatort-Kommissarin Hanne Wiegand), Hans Peter Hallwachs (spielte in Taxi nach Leipzig einst DDR-Oberleutnant Klaus) und Friedhelm Werremeier (Erfinder der Tatort-Folgen mit Hauptkommissar Trimmel), denen nicht einmal Text zugestanden wird. Ganz anders Günter Lamprecht, der ebenfalls im 1. Tatort zu sehen war und in den 90er Jahren als Hauptkommissar Franz Markowitz in Berlin ermittelte: Lamprecht darf die letzten Worte sprechen und bringt die großartige Jubiläumsfolge damit zu einem rührenden Abschluss.

Bewertung: 9/10

Borowski und das verlorene Mädchen

Folge: 999 | 6. November 2016 | Sender: NDR | Regie: Raymond Ley
Bild: NDR/Christine Schroeder
So war der Tatort:

Islamfixiert.

Denn nicht zum ersten Mal halten radikale Muslime Einzug in die beliebteste deutsche Krimreihe: Im hochspannenden Hamburger Meilenstein Der Weg ins Paradies durchkreuzte zum Beispiel Undercover-Ermittler Cenk Batu (Mehmet Kurtulus) die Pläne islamistischer Massenmörder, während die Bundespolizisten Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz) im sehenswerten Terror-Krimi Zorn Gottes einen Anschlag am Flughafen in Hannover verhinderten.

Nun greifen die Tatort-Debütanten Charlotte Pehlivani (Drehbuch) und Raymond Ley (Regie) in Borowski und das verlorene Mädchen erneut ein aktuelles Thema auf: Die Radikalisierung junger Muslime ist im Herbst 2016 ein vieldiskutiertes Problem und beschäftigt daher auch die anschließende Talkrunde mit Anne Will.

Den Fokus legen sie dabei aber nicht auf das Verhindern eines Terroranschlags: Statt die Kieler Hauptkommissare Klaus Borowski (Axel Milberg) und Sarah Brandt (Sibel Kekilli) bei einem Wettlauf gegen die Zeit nach einem Attentäter suchen zu lassen, beschäftigen sich die Filmemacher mit der Frage, was die intelligente deutsche Schülerin Julia Heidhäuser (Mala Emde, Schmuggler) dazu bringen kann, ihren bisherigen Werten abzuschwören und sich vom zweifelhaften Weltbild des sogenannten Islamischen Staats verführen zu lassen.

Die Ermittlungen führen direkt in eine Moschee: Dort duldet der undurchsichtige Imam Abu Abdullah (Ferhat Keskin, Im Abseits) neben gemäßigten Muslimen auch den frisch aus der Haft entlassenen Gewalttäter Hasim Mahdi (Dogan Padar) und einen islamistischen Hassprediger, der sein krankes Gedankengut beinahe ungestört unters Volk bringen kann. Nach dem einleitenden Tod der umtriebigen jungen Mutter Maria (Franziska Brandmeier), die sich bis zu ihrem Ableben am Hörer einer Sex-Hotline was dazu verdient hat, ermitteln die Kommissare aber noch an einer zweiten Front.


BRANDT:
Sie haben da jetzt aber nicht mit Ihrem Diensthandy angerufen, oder?

BOROWSKI:
Doch, natürlich. Das war ja auch ein Dienstgespräch.


Unter dem Strich wird man das Gefühl nicht los, dass sich ein paar Nebenfiguren zuviel in diesem Krimi tummeln und die Charakterzeichnung mit Blick auf den zweiten Handlungsstrang fast zwangsläufig auf der Strecke bleiben muss: Borowski und Brandt, die in der ersten Krimistunde ein wenig lustlos wirken, müssen sich neben der Muslimin Amina Jaschar (Sithembile Menck), Julias Mutter (Patrycia Ziolkowska, Häuserkampf) und ihrem Bruder Nils (Sven Schelker) auch noch mit drei Mitschülerinnen der Toten auseinandersetzen – eine Annäherung an das Seelenleben dieser Figuren findet lediglich im Falle der verzweifelten Mutter statt.

Als realitätsnahe Auseinandersetzung mit der Radikalisierung junger Muslime funktioniert der 999. Tatort trotz kleinerer Klischeefallen allerdings ziemlich gut, wenngleich der Tod von Julias Vater als Auslöser für deren Sinneswandel und die damit einhergehende Aussicht auf eine Zwangsheirat etwas behauptet wirkt.

Auf Betriebstemperatur kommen die Komissare aber erst nach dem Fund der obligatorischen zweiten Leiche, und auch die abrupte Auflösung der klassischen Whodunit-Konstruktion fällt wenig überzeugend aus: Am Ende scheint noch schnell ein/e Mörder/in herzumüssen, dabei hätte die viel interessantere Geschichte um Julias geplante Reise in den Nahen Osten ohne den Auftaktmord kaum schlechter funktioniert.

Und dann ist da noch ein prominenter Gaststar: Der deutsche Hollywood-Export Jürgen Prochnow (Schlafende Hunde) mimt in Borowski und das verlorene Mädchen mit dem Staatsschutz-Kollegen Kesting wie schon viele andere Schauspieler vor ihm einen skrupellosen Störenfried einer höheren Behörde, der sich für den Mordfall kaum interessiert und alles seinen eigenen Interessen unterordnet. So lässt sich nach den Reibereien mit den Kommissaren mal wieder die Uhr stellen.

Anders als die glänzend aufgelegte Jungschauspielerin Mala Emde, die bereits bei Meine Tochter Anne Frank mit Regisseur Raymond Ley zusammenarbeitete und für diese Hauptrolle den Bayerischen Fernsehpreis erhielt, wird Prochnow in seiner Rolle allerdings kaum gefordert – rechtfertigt in diesem ungewohnt mittelmäßigen Kieler Tatort aber zumindest den Auftritt von Kriminalrat Roland Schladitz (Thomas Kügel), der ansonsten wie das fünfte Rad am Wagen wirkt und natürlich sofort kuscht, wenn der einflussreiche Kollege im Präsidium aufschlägt.

Bewertung: 6/10

Echolot

Folge: 998 | 30. Oktober 2016 | Sender: Radio Bremen | Regie: Claudia Prietzel und Peter Henning
Bild: Radio Bremen/Christine Schroeder
So war der Tatort:

Zukunftsorientiert.

Wie in jedem Jahr veranstaltet die ARD nämlich auch 2016 wieder eine Themenwoche, der sie in ihrem Programm vieles unterordnet – und da darf der Tatort am Sonntagabend nicht fehlen. In der Vergangenheit ging dieser Ansatz allerdings oft in die Hose - man denke nur an den Berliner Totalausfall Dinge, die noch zu tun sind oder den Kieler Durchschnittskrimi Borowski und eine Frage von reinem Geschmack.

2016 lautet das Motto Zukunft der Arbeit - und so verschlägt es die Bremer Hauptkommissare Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) in Echolot prompt in ein hippes Start-Up, das in Sachen Digitalisierung ganz vorne mitspielt. In der ausschließlich von überzeichneten Hipstern und Nerds betriebenen IT-Schmiede sieht alles genauso aus, wie man es sich vorstellt: Schräge Büromöbel und teure High-Tech-Geräte füllen die chaotischen Räume eines von außen tristen Backsteingebäudes (Stedefreund: "Hier wurde früher Kaffee geröstet."), auf den Designertischen der Think Tanks stehen neonfarbene Elektrolytgetränke und im Empfangsbereich findet sich sogar Platz für einen Käfig mit Kanarienvögeln.

Nur einen Fahrstuhl gibt es in dem Gebäude nicht – was den Entwickler und Rollstuhlfahrer Paul Beck (Christoph Schechinger, Unter Druck) freilich nicht davon abhält, regelmäßig an Meetings im Obergeschoss teilzunehmen. Vielleicht verleihen die Drinks ja Flügel? Das würde zumindest den Firmennamen erklären: Alles in den heiligen Hallen von "Golden Bird Systems" (GBS) trieft vor Klischees und wirkt schrecklich künstlich – zum Beispiel dann, wenn "Chief Financial Officer und Board Member" (!) Kai Simon (Lasse Myhr, Frohe Ostern, Falke) stolz die Firmenphilosophie herunterbeten und für beeindruckte Blicke bei den Kommissaren sorgen darf.


SIMON:
Wir haben hier Arbeitsflexibilität. Hauptsache, der Output stimmt.


Der 998. Tatort erzählt einen mutigen, aber ziemlich (w)irren Whodunit und fällt dabei deutlich weniger unterhaltsam aus als der tolle Stuttgarter Tatort HAL – die bis dato futuristischste Ausgabe der Reihe. So sehr die Digitalisierung die Arbeitswelt verändern und unseren Alltag erleichtern mag, so sehr scheint sie den Filmemachern diesmal das Geschichtenerzählen zu erschweren: Auch in Echolot finden sich viele Sci-Fi-Anleihen, die allerdings keine Spannungsmomente generieren. Vielmehr erweist sich der ewige Blick durch VR-Brillen, auf kryptische Zahlencodes oder wackelige Tablet-Videos auf Dauer als ziemlich zähe Angelegenheit.

Passend zur Themenwoche scheint es den Drehbuchautoren Peter Henning (Ordnung im Lot) und Christine Otto in erster Linie ein großes Anliegen zu sein, ihrem Publikum die Schattenseiten des technischen Wandels vor Augen zu führen: Im Jahr 2016 ist (fast) alles digital vernetzt, was im Film auch dem Mordopfer zum Verhängnis wird. GBS-Mitgründerin Vanessa Arnold (Adina Vetter, Deckname Kidon) stirbt durch eine Manipulation der Steuerung ihres Wagens, lebt aber als digitale Kopie weiter: "Nessa" ist das Vorzeigeprojekt ihres Start-up-Unternehmens, doch der vermeintlich riesige Nutzen der lebensechten Animation bleibt bis zum Schluss nebulös. Weckte HAL dank Big Data sogar das Interesse des LKA, scheint Nessas wichtigste Funktion darin zu bestehen, die sexuellen Phantasien ihrer notgeilen Entwickler zu bedienen und auf dem lukrativen Pornomarkt Investoren auf den Plan zu rufen.

Schwung in den Krimi bringt eher Linda Selb (Luise Wolfram), die sich deutlich kantiger gibt als die ähnlich technikaffine Ludwigshafener Kollegin und Nervensäge Johanna Stern (Lisa Bitter): Die ehrgeizige BKA-Kollegin, die auch in Zukunft zum Team zählen soll, zeigt Stedefreund nach dem Techtelmechtel in Der hundertste Affe die kalte Schulter, bringt ihn mit ihrer trockenen Art aber regelmäßig zum Staunen.

Nennenswert aufwerten tut das den Krimi aber ebenso wenig wie die vorhersehbare Auflösung, zumal eine andere Figur ein Totalausfall ist: Die kleine Lilly Arnold (Emilia Pieske) fotografiert ihre tote Mutter mit dem Tablet und benimmt sich überaus seltsam - die hohe Technikaffinität der Verstorbenen und ihres (natürlich!) im Silicon Valley lebenden Vaters David Arnold (Matthias Lier, Allmächtig) wirkt als alleinige Erklärung für ihre rätselhafte Art der Trauer ziemlich dünn.

Und Lürsens Vorgesetzte und Tochter Helen Reinders (Camilla Renschke)? Die darf exakt fünf Sätze sagen und wird im Bremer Tatort zielstrebig aufs Abstellgleis geschoben.

Bewertung: 3/10

Die Wahrheit

Folge: 997 | 23. Oktober 2016 | Sender: BR | Regie: Sebastian Marka
Bild: BR/X Filme/Hagen Keller
So war der Tatort:

Frustrierend – und das für alle Beteiligten.

Da ist zum einen Fallanalytikerin Christine Lerch (Lisa Wagner), deren fünfter Einsatz in München ihr letzter bleibt: Die gelegentlichen Gastauftritte waren nicht nur für Wagner, die auch als Kommissarin Heller im ZDF ermittelt, sondern auch für den BR unbefriedigend, und daher gehe man im Guten auseinander, wie der Sender betont. Drehbuchautor Erol Yesilkaya (Hinter dem Spiegel) findet dafür eine pragmatische Lösung: Wagner fühlt sich in ihrem Job unterfordert und heuert beim FBI an.

Frustrierend ist der Fall aber auch für Assistent Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer), der Arbeit für drei leisten muss und bei der Gelegenheit seinen Gag aus dem vorherigen Münchner Tatort Mia san jetz da wo's weh tut wiederholt ("Kalli 1, Kalli 2, Kalli 3...").

Und frustrierend ist Die Wahrheit nicht zuletzt für die Hauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl), die bei der Suche nach eben jener auf der Stelle treten: Bei einem Spaziergang mit seiner Ehefrau Ayumi (Luka Omoto) und seinem sechsjährigen Sohn Taro (Leo Schöne) wird Ben Schröder (Markus Brandl) von einem Unbekannten mit einem Messer attackiert und erliegt seinen schweren Verletzungen.

In den Blickpunkt rücken nach der auf einer wahren Begebenheit basierenden, bis heute unaufgeklärten Tat jene Personen, die in der Krimireihe sonst nur wenige Sätze sagen dürfen und schnell wieder in Vergessenheit geraten: die Augenzeugen. In einer köstlichen, parallel montierten Sequenz arbeiten sich die Ermittler durch die widersprüchlichen Aussagen all jener, die glauben, Die Wahrheit gesehen zu haben und sie im Inbrunst der Überzeugung zu Protokoll geben – doch am Ende sind Batic & Co. so schlau wie vorher.

Selbst ein DNA-Test, bei dem das Geräusch der Scanner wunderbar in die Klänge des Soundtracks integriert wird, liefert keine brauchbaren Ergebnisse - dafür aber den selbstironischsten Dialog der altgedienten Kommissare.


BATIC:
Bis wir von denen allen die DNA haben, sind wir grau.

LEITMAYR:
Das Risiko gehe ich ein.


Der 997. Tatort ist ein ungewöhnlicher, und dennoch großartiger Beitrag aus München, der sofort Erinnerungen an Dominik Grafs Meisterwerk Frau Bu lacht, Alexander Adolphs herausragenden Tatort Der tiefe Schlaf oder Max Färberböcks Meilenstein Am Ende des Flurs weckt: Die überraschende Schlusspointe gehört zu den mutigsten der Tatort-Geschichte und sorgte nach dem Abspann nicht nur in den deutschen Wohnzimmern, sondern auch in den sozialen Netzwerken für Gesprächsstoff. Dort beantwortete das Social-Media-Team der Münchner Polizei während der TV-Premiere live die Fragen des Publikums – doch die alles entscheidende Frage konnten selbst die Experten nicht auflösen, weil die Filmemacher sie ganz bewusst offen halten.

Frustrierend ist Die Wahrheit daher auch für manchen Zuschauer: Ein Tatmotiv gibt es nicht und eine Beziehung zwischen Täter und Opfer scheint ausgeschlossen. Statt Ermittlungen nach Schema F und einem Aha-Erlebnis bei der Suche nach der Auflösung entwickelt sich die Geschichte aus der Frustration und Ohnmacht ihrer Hauptfiguren heraus: Während Leitmayr als Leiter der Sonderkommission wegen der ausbleibenden Erfolge von seinem Vorgesetzten Karl Maurer (Jürgen Tonkel) zusammengefaltet wird, macht es Batic wahnsinnig, dass er der verwitweten Japanerin und ihrem kleinen Sohn nicht weiterhelfen kann. Irgendwann ist zwar klar, dass die Beantwortung der Täterfrage nur über die Aussagen der Augenzeugen führt – doch die Filmemacher halten einen Trumpf in der Hinterhand und führen ihr Publikum gekonnt aufs Glatteis.

Auch mit Gänsehautmomenten geizt Regisseur Sebastian Marka (Das Haus am Ende der Straße) nicht: Neben dem beklemmenden Auftaktmord und der tollen Schlusspointe bleibt auch ein hochspannend in Szene gesetzter, nächtlicher Besuch im Haus der Witwe in Erinnerung, bei der ordentlich mitgezittert darf. Nicht nur deshalb kommt dieser herausragende Tatort der Perfektion sehr nahe und wirkt nach dem Abspann lange nach – eine Überraschung ist es daher, dass er von der  grandiosen Fortsetzung Der Tod ist unser ganzes Leben ein halbes Jahr später in Sachen Unterhaltungswert sogar noch getoppt wird.

Und wenn sich Batic und Leitmayr fast die Freundschaft kündigen und beim Versöhnungsbierchen in der Karaoke-Kneipe in Erinnerungen schwelgen (Verweis auf Der freie Fall und Ex-Assistent Carlo Menzinger inklusive), ist das für das Duo mit den meisten Tatort-Einsätzen überhaupt einer der bemerkenswertesten Momente seiner mittlerweile 25-jährigen Geschichte.

Bewertung: 9/10

Zahltag

Folge: 996 | 9. Oktober 2016 | Sender: WDR | Regie: Thomas Jauch
Bild: WDR/Thomas Kost
So war der Tatort:

Konfliktlastig.

Denn wie schon viele Dortmunder Tatort-Folgen zuvor steht auch Zahltag ganz im Zeichen teaminterner Querelen, die sich durch das von Oberkommissar Daniel Kossik (Stefan Konarske) angeleierte Disziplinarverfahren gegen Hauptkommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) zuspitzen: Diesmal rückt dem vierköpfigen Team aus dem Ruhrpott der penible Vorzeigebeamte Johannes Pröll (Milan Peschel) von der Dienstaufsicht auf die Pelle und zitiert die Ermittler zu Einzelgesprächen vor seine Videokamera. Auch Martina Bönisch (Anna Schudt) und Nora Dalay (Aylin Tezel) müssen bei Pröll antanzen - halten sich beim Verhör über die zweifelhaften Methoden ihres Chefs aber bedeckt.

Ganz anders Kossi, denn der zieht ordentlich vom Leder und hat dabei wenig zu verlieren: Dass Faber ihm am Abend vor seinem Gespräch zum exzessiven Saufen überredet, unter seiner BVB-Bettwäsche genächtigt und gezielt einen gehörigen Kater bei Kossik heraufbeschworen hat, ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Das Tischtuch zwischen den beiden Streithähnen ist endgültig zerschnitten und auch ein späterer Annäherungsversuch verpufft ohne die erhoffte Versöhnung.

Im Hinblick auf die horizontale Erzählstruktur wird dem Publikum in diesem Krimi, der sich seinen Titel mit dem gleichnamigen Berliner Tatort von 2004 teilt, einiges abverlangt: Wer den Tatort Kollaps von 2015 verpasst hat, in dem der besserungswillige Dealer Jamal (Warsama Guled) wohl von einem kriminellen Informanten Fabers erschossen wurde, dürfte die Gründe für das Disziplinarverfahren kaum in Gänze begreifen – darf sich aber trotzdem an knackigen One-Linern und köstlichen Dialogen erfreuen, die vor allem auf das Konto des politisch gewohnt unkorrekten Faber und des überkorrekten Pröll gehen.


FABER:
Und, heute schon 'nen Kollegen in die Tonne gekloppt?

PRÖLL:
Wir machen alle nur unsere Arbeit, Herr Faber.

FABER:
Jaja, das haben die im Dritten Reich auch gesagt.


Kinostar Milan Peschel, der zuletzt im Frankfurter Meilenstein Weil sie böse sind als verzweifelter Vater und im spaßigen Münster-Tatort Der Hammer als mordender Möchtegern-Superheld glänzte, mausert sich in seiner sympathischen Rolle auch im 996. Tatort zum Publikumsliebling und stiehlt fast jede Szene, in der er auftritt.

Angesichts der zahlreichen offen schwelenden Konflikte bildet Pröll den willkommenen Ruhepol im Präsidium, in dem es nebenbei auch noch einen Mordfall aufzuklären gibt: Einleitend wird ein Rocker auf offener Straße erschossen, so dass sich Faber und Bönisch schon bald im Clubheim von dessen Gang wiederfinden, die es überhaupt nicht komisch findet, wenn Bönisch plötzlich ihre Dienstwaffe zückt ("Steck das Ding ein! Sonst sorg ich dafür, dass dich jeder hier noch fickt, bevor sie dich in den Phönixsee schmeißen.").

Anders als den Saarbrücker Kollegen im thematisch ähnlich gelagerten, schrillen Totalausfall Eine Handvoll Paradies gelingt Stammautor Jürgen Werner (Kartenhaus) und Regisseur Thomas Jauch (Ein Fuß kommt selten allein) eine zwar nicht ganz klischeefreie, aber sehr unterhaltsame und glaubwürdige Skizzierung des Milieus, in dem vor Dienstmarken und polizeilicher Autorität keinerlei Respekt herrscht. Insbesondere Fabers kernige Auseinandersetzungen mit dem Rockerpräsidenten und Hundefreund Thomas Vollmer (Jürgen Maurer, Am Ende des Flurs) und die Drohgebärden des rabiaten Vizepräsidenten Luan Berisha (Oliver Masucci, mimte Adolf Hitler in Er ist wieder da) bringen Stimmung in die Bude, während der Nebenstrang der Handlung um eine geldwaschende italienische Baufirma eher dünn ausfällt.

Die Auflösung und die Hintergründe des Mordfalls müssen in Zahltag aber ohnehin hinter den emotionalen Streitgesprächen der Kommissare zurückstehen: Wem die bisherigen Beiträge aus dem Ruhrpott zu viel Drama und zu wenig Krimi waren, der dürfte auch diesmal eine Enttäuschung erleben. Und einen Cliffhanger gibt es am Ende auch: Ein Wiedersehen mit Pröll scheint möglich, ein gebrochenes Nasenbein bei Faber ebenfalls – wie es mit ihm und Kossik weitergeht, ist die spannendste Frage in Dortmund, die 2017 endgültig geklärt wird. Dann verlässt Schauspieler Stefan Konarske auf eigenen Wunsch die Krimireihe – was dem WDR wiederum die Möglichkeit gibt, den reizvollen Konflikt auf die Spitze zu treiben und keine Kompromisse machen zu müssen.

In Sturm erfahren wir, wie das aussieht – und es raubt uns den Atem.

Bewertung: 7/10

Der König der Gosse

Folge: 995 | 2. Oktober 2016 | Sender: MDR | Regie: Dror Zahavi
Bild: MDR/Gordon Mühle
So war der Tatort:

Mohrlos – aber deswegen noch lange nicht humorlos.

Das vorab geheim gehaltene Ableben von Polizeianwärterin Maria Magdalena Mohr (Jella Haase) war sicherlich der bemerkenswerteste Moment im Dresdner Vorgänger Auf einen Schlag, in dem die Oberkommissarinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Henni Sieland (Alwara Höfels) ihren Einstand feierten – doch trotz dieser überraschenden Wendung, die nur die BILD-Zeitung vorab gespoilert hatte, fiel das neue Team bei großen Teilen des Publikums durch. Zu albern war vielen der im Schlagermilieu spielende Krimi, zu zickig das Auftreten der emanzipierten Ermittlerinnen – und so war es vor allem dem an Bernd Stromberg angelehnten Ekel-Chef Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) zu verdanken, dass Auf einen Schlag nicht ganz zu dem Desaster wurde, zu dem es viele Zuschauer schlechtredeten.

Auch in Der König der Gosse, bei dem erneut die Stromberg-Autoren Ralf Husmann und Mika Kallwass am Ruder sitzen, ist Schnabel der Lichtblick: Statt von der kessen Mohr aus der Reserve gelockt zu werden, bandelt der Kommissariatsleiter, der seinen Kaffee am liebsten aus einer "Schnabel-Tasse" trinkt, mit der biederen Kollegin Wiebke Lohkamp (Jule Böwe, Eine andere Welt) vom Betrugsdezernat an. Die ohnehin schon flache Spannungskurve stürzt bei diesen amüsanten Handlungsschlenkern naturgemäß in den Keller – doch weil Schnabel außerdem darauf besteht, dass "die Wiebke" den Kommissarinnen unter die Arme greift, geht es zumindest im Ermittlerteam wieder heiß her, und Spaß macht das Ganze auch.

Überhaupt mangelt es dem Krimi nicht an humorvollen Dialogen und pfiffigen One-Linern - man denke nur an den Besuch der Kommissarinnen in einem italienischen Nobelrestaurant, in dem Gorniak fix das versäumte Abendessen nachholt.


GORNIAK:
Hier gibt's 'n gemischten Salat für 11 Euro. Womit ist der gemischt? Mit 8 Euro?


Dass sich Gorniak und Sieland überhaupt in das Restaurant verirren, liegt am Lebenswandel des Mordopfers: Der später ermordete Sozialunternehmer Hans-Martin Taubert (Michael Sideris, Heimspiel) ließ sich von den drei Obdachlosen Hansi (Arved Birnbaum, Hochzeitsnacht), Platte (David Bredin, Preis des Lebens) und Eumel (Alexander Hörbe, Kalte Wut) zum Italiener begleiten, doch die Minuten vor dem ersten Mordanschlag hat die selbsternannte Security-Truppe offenbar volltrunken verschlafen.

Neben Bruder Hajo Taubert (Urs Jucker, Kleine Prinzen) gerät auch Konkurrenz-Unternehmer Gerald Schleibusch (Stephan Baumecker, Edel sei der Mensch und gesund) ins Visier der Ermittler, so dass der Der König der Gosse als Kreuzung aus Milieustudie und klassischem Whodunit passabel funktioniert, doch der Film krankt an zwei entscheidenden Schwächen: Spannend ist der humorvoll angehauchte Krimi selten, und sämtliche Obdachlosen sind überzeichnete Witzfiguren, die bei einem Hungerstreik im Präsidium sogar der Lächerlichkeit preisgegeben werden ("Gleich, wenn ich das hier aufgegessen habe!").

Der von Hauptdarstellerin Alwara Höfels betonte ernsthafte Anspruch des Films wird dadurch untergraben: Wie sehr es der Milieuskizze an Tiefgang fehlt, zeigt zum Beispiel der Vergleich zum Berliner Beitrag Das Muli oder zum Dortmunder Tatort Hydra. Wie von vorgestern klingen zudem die müden Diskurse über die Rolle von Mann und Frau, die kaum dazu beitragen, dass das erste weibliche Ermittlerduo der Tatort-Geschichte sein Emanzen-Image beim TV-Publikum wieder los wird.

Einen doppelt ärgerlichen Verlauf nimmt der Film in diesem Zusammenhang kurz vor der Auflösung: Auf die Spur des Täters gelangt Schnabel nur, weil er den starken Mann markiert – was dem sprichwörtlichen "schwachen Geschlecht" nicht geglückt ist, gelingt dem Chauvi-Chef problemlos, weil er mit der Faust auf den Tisch haut. Doch hätte Schnabel den Zeugen schon zu Beginn entsprechend energisch befragt, wäre der 995. Tatort nach einer halben Stunde zu Ende gewesen.

Dass die Standardlänge von 88 Minuten erreicht wird, liegt auch am ausführlich illustrierten Privatleben der Ermittler: Während Gorniak die Eskapaden ihres Sohnes Aaron (Alessandro Emmanuel Schuster) auf die Palme bringen, schlittert Sieland in eine Beziehungskrise mit ihrem Freund Ole Herzog (Franz Hartwig). Der Streit vor einem spontanen Abendessen mit den drei Obdachlosen ist zugleich die amüsanteste Szene in einem Dresdner Tatort, in dem sich Licht und Schatten die Waage halten.


SIELAND:
Du bist doch der Erste gewesen, der mit so 'nem scheiß "Refugees Welcome"-T-Shirt durch die Gegend gerannt ist!

HERZOG:
Aber "Einheimische Welcome" hab ich nicht angezogen!


Bewertung: 5/10

Feierstunde

Folge: 994 | 25. September 2016 | Sender: WDR | Regie: Lars Jessen
Bild: WDR/Wolfgang Ennenbach
So war der Tatort:

Klamaukfrei.

Bei den TV-Kritikern hatte es der Tatort aus Münster, der in der Publikumsgunst konkurrenzlos an der Spitze der Krimireihe liegt, in den Jahren zuvor nicht leicht: Peinlichen Klamotten wie Das Wunder von Wolbeck folgten zwar auch geglücktere Krimikomödien wie Schwanensee, doch wenn es wie in Die chinesische Prinzessin mal ernster wurde, offenbarten die Drehbücher erhebliche Schwächen. Beim 30. Einsatz von Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) geht es ähnlich witzlos zu, denn Drehbuchautorin Elke Schuch (Borowski und die heile Welt) verzichtet in Feierstunde auf Klamauk und Slapstick und lässt die Zuschauer stattdessen um Boernes Überleben zittern.

Schon nach zwei Minuten brennen Harald Götz (Peter Jordan, mimte von 2008 bis 2012 Cenk Batu-Chef Uwe Kohnau im Hamburger Tatort), der bei einem Fördermittelentscheid in Millionenhöhe das Nachsehen gegenüber Boerne hat, die Sicherungen durch: Der verbitterte Juniorprofessor, dessen ALS-kranke Frau sich mit einer im Internet (!) bestellten Pumpgun (!) das Gesicht weggeblasen hat, streckt den Forensiker auf dessen eigener Dankesrede mit zwei Schüssen in Brust und Bauch nieder. Hoppla!

Wer sich auf eine seichte Schmunzelkomödie im Stile von Mord ist die beste Medizin oder Erkläre Chimäre gefreut hat, dürfte früh die Lust am 994. Tatort verlieren, denn auch im weiteren Verlauf wird das Nervenkostüm des Publikums nicht geschont: Die brutale Auftaktsequenz entpuppt sich zwar als blutige Rachephantasie, doch als Boerne später mit zwei Dutzend geladenen Gästen – unter ihnen Assistentin Silke "Alberich" Haller (Christine Urspruch) – in einer Gaststätte feiern will, sprengt der psychopathische Götz die Feierstunde. Dass das übel enden könnte, weiß auch die undurchsichtige Psychologin Dr. Corinna Adam (Oda Thormeyer, Puppenspieler), die Thiel derweil zum Abendessen begleitet und ihr Wissen gerne mit dem Ermittler teilt.


ADAM:
Macht- und Führungspositionen werden überdurchschnittlich oft von Narzissten und Psychopathen eingenommen.


Ähnlich wie im miserablen Bremer Tatort Hochzeitsnacht entspinnen die Filmemacher ein emotionales Kammerspiel in einer abgeriegelten Gaststätte, gehen aber noch einen Schritt weiter: Boerne wird von Götz mit einer Substanz vergiftet, die die Symptome von ALS simuliert – und je länger die Geiselnahme dauert, desto schlechter ist es um den eitlen Forensiker bestellt. Wenngleich sich Götz nun wahrlich nicht als Kellner auf die Party hätte schleichen müssen und das ohnehin konstruiert wirkende Tatmotiv nicht konsequent durchgezogen wird, beginnt damit ein reizvoller Wettlauf gegen die Zeit, wie es ihn in Münster lange nicht mehr gab.

Zeit für den einen oder anderen Gag bleibt natürlich trotzdem: Dank seiner gelähmten Zunge kann sich Boerne von Minute zu Minute schlechter artikulieren – Jan Josef Liefers hat sichtlich Spaß an diesem Handicap und sorgt mit seinem Gelalle für kleinere Lacher. Den ernsthaften Anspruch verliert der Tatort allerdings nicht: Deutlich negativer ins Gewicht fallen die dicken Logiklöcher, allen voran die Tatsache, dass Götz sich immer wieder Auszeiten gönnt, in denen Boerne und Haller unbeobachtet tun und lassen können, was sie wollen. Peter Jordan (Verbrannt) trägt mit seinem engagierten Over-Acting ebenfalls nicht zur Glaubwürdigkeit bei, und eine späte Wendung, die die Dinge abschließend in ein anderes Licht rückt, wirkt eher überambitioniert, als dass sie für Verblüffung sorgen würde.

Dennoch ist der von Regisseur Lars Jessen (Borowski und die einsamen Herzen) souverän in Szene gesetzte Jubiläumskrimi einer der besseren mit Thiel und Boerne, weil die Spannungskurve nie in den Keller sackt und die Ermittler sich auf die Arbeit konzentrieren, statt platte Pointen durchzukauen: Der von Rückenschmerzen geplagte Thiel gerät mit dem humorlosen SEK-Leiter Lohbach (Andreas Grötzinger, Tödlicher Einsatz) aneinander, während "Alberich" von einer noblen Geste ihres egozentrischen Chefs erfährt und ihm tapfer das Händchen hält. Auch Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) und Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) zeigen sich so aktiv wie selten – Herbert "Vaddern" Thiel (Claus D. Clausnitzer) hingegen wird einmal mehr mit der Brechstange in den Plot gequetscht und bestätigt damit erneut seinen Status als fleischgewordener Running Gag, der schon seit Jahren nicht mehr witzig ist.

Bewertung: 6/10

Freitod

Folge: 993 | 18. September 2016 | Sender: SRF | Regie: Sabine Boss
Bild: ARD Degeto/SRF/Daniel Winkler
So war der Tatort:

Sterbebegleitend.

Schon bei der ersten Begegnung mit Dr. Hermann (Andreas Matti, Wunschdenken), dem Leiter der Sterbehilfe-Organisation "Transitus", lernen die Luzerner Ermittler das korrekte Vokabular: Sterbebegleitung ist nicht dasselbe wie Sterbehilfe, weil der oder die Sterbende den Giftcocktail selbst einnehmen muss.

Nicht zum ersten Mal wird dieses gesellschaftliche Reizthema – man denke an den brillanten Münchner Tatort Außer Gefecht oder den etwas überschätzten Ludwigshafener Beitrag Der glückliche Tod – in der Krimireihe aufgegriffen, doch allzu ausufernde Debatten bleiben dem Zuschauer in Freitod erspart: Die Drehbuchautorinnen Josy Meier und Eveline Stähelin streuen zwar einige Allgemeinplätze zum Für und Wider dieser Praxis in die Breite, tragen die Diskussion aber nicht auf dem Rücken von Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) aus, die bei den Ermittlungen erwartungsgemäß zwischen die Fronten der Befürworter und Gegner geraten.

Eine Diskussion im Auto, die im gesellschaftskritischen Tatort aus Köln wohl in eine minutenlange Kontroverse ausgeartet wäre, würgt Flückiger charmant ab, denn er ist mit seinen Gedanken bei seiner Flamme Evelyn, die der Zuschauer weiterhin nicht zu Gesicht bekommt. Deutlich packender als die bemühte SMS-Liaison, die offenbar der Charakterzeichnung dienen soll, gestaltet sich die Inszenierung des Mordfalls: Nachdem die von schlimmen Schmerzen gepeinigte Gisela Aichinger (Barbara-Magdalena Ahren, Frau Bu lacht) die Sterbebegleitung von Transitus in Anspruch nimmt und friedlich einschläft, wird ihre Sterbebegleiterin Helen Mathys (Ruth Schwegler, Zwischen zwei Welten) brutal mit einer Plastiktüte erstickt – eine starke Szene.

Als Hauptverdächtiger drängt sich Aichingers obdachloser Sohn Martin (Martin Butzke, Waffenschwestern) auf, der den gegen die Sterbebegleitung protestierenden Mitgliedern der christlichen Vereinigung Pro Vita schon bei seinem ersten Auftritt eindrucksvoll klar macht, dass er nicht mehr alle Nadeln auf der Tanne hat.


AICHINGER:
Büßen! Ihr werdet büßen! Blut! Frösche! Vieh- und Menschenpest!


Würde das Androhen der zehn biblischen Plagen in einem Tatort aus Münster oder Weimar vielleicht zum Schmunzeln animieren, ist Aichingers irritierender Auftritt in diesem Krimi todernst gemeint: Die Filmemacher haben mit dem cholerischen Hauptverdächtigen eine überaus anstrengende Figur geschaffen, zu der der Zuschauer kaum Zugang finden kann und die angesichts ihrer Krankheit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Täter ausscheidet.

Dennoch wird Aichingers Streifzug hinter dem Rücken der Kommissare ausführlich dokumentiert – eine Rechnung, die zu keinem Zeitpunkt aufgeht. Dem cholerischen Plastikbeutelträger ("Mama wollte lebenslänglich leben!") mangelt es vor allem an einer Vorgeschichte, die seinen sozialen Abstieg greifbar macht. Etwas Gutes haben seine wirren Schimpftiraden aber doch: Angesichts der lautstarken und unfreiwillig amüsanten Aggressionen dürfte so mancher eingenickte Zuschauer wieder aufschrecken.

Freitod steht nämlich über weite Strecken exemplarisch für die enttäuschenden Luzerner Folgen der letzten Jahre: Die Ermittlungsarbeit wirkt so hölzern wie in keiner zweiten Tatort-Stadt, und den Kommissaren ist die Dynamik nach dem starken Ihr werdet gerichtet endgültig wieder abhanden gekommen. Die 993. Tatort-Ausgabe plätschert lange behäbig vor sich hin, und auch der Mini-Flirt von Praktikant Vikinesh Jeyanantham (Kay Kysela, in Kleine Prinzen noch in einer anderen Rolle zu sehen) und Gerichtsmedizinerin Corinna Haas (Fabienne Hadorn) verpufft als müde Randnotiz.

Zumindest der von Regisseurin Sabine Boss (Hanglage mit Aussicht) spannend inszenierte Showdown entschädigt für die vorherigen Längen, und auch die Auflösung ist kein Kinderspiel: Mit den ehrenamtlichen Transitus-Mitarbeitern Jonas Sauber (Sebastian Krähenbühl, Zwischen zwei Welten) und Nadine Camenisch (Anna Schinz, bis Geburtstagskind in Luzern viermal in einer Nebenrolle als Brigit Bürki zu sehen), dem auf eine Organspende wartenden Dialysepatienten Mike Zumbrunn (Lukas Kubik) und dem aalglatten Pro Vita-Chef Josef Thommen (Martin Rapold, Der Polizistinnenmörder) gibt es schließlich gleich vier erstzunehmende Verdächtige.

Bewertung: 4/10

Die Kunst des Krieges

Folge: 992 | 4. September 2016 | Sender: ORF | Regie: Thomas Roth
Bild: ARD Degeto/ORF/Superfilm/Klaus Pichler
So war der Tatort:

Terrierfreundlich.

Chefinspektor Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) hat es in diesem Wiener Tatort nicht leicht: Seine Tochter Claudia (Tanja Raunig) zieht mit ihrem muslimischen Freund in eine neue Wohnung und Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) quartiert heimlich die tatverdächtige Victoria Oshchypko (Janina Rudenska) bei sich ein – doch da ist ja zum Glück noch Parson Russell Terrier Percy, der Fellner nach dem Fund eines brutal ermordeten Geschäftsmannes unverhofft nachläuft und schon bald in Eisner sein neues Herrchen sieht. Der findet das zwar zunächst überhaupt nicht komisch, irgendwann aber doch Gefallen an seinem neuen Mitbewohner und der tierischen Gesellschaft nach Feierabend.

Ähnlich wie in den Münchner Tatort-Folgen mit Melchior Veigl (Gustl Bayrhammer) oder den Bremer Tatort-Folgen mit Inga Lürsen (Sabine Postel) sorgen die Hundeszenen aber nicht für öffentlich-rechtlichen Polizei-Kitsch á la Da kommt Kalle, sondern für wohldosierte Entschleunigungsmomente – in einem unterhaltsamen, wenn auch stellenweise brutalen Kiezkrimi. Einmal mehr schickt der ORF seine Ermittler dahin, wo's weh tut: ins Milieu des organisierten Verbrechens, das Fellner noch bestens aus ihrer Zeit bei der "Sitte" kennt und in dem keine Gefangenen gemacht werden.

Trotz des gewohnten Whodunit-Konstrukts wird schnell klar, dass nur der feindselige Restaurantbesitzer Ramazan Tagaev (Daniel Wagner) oder der großkotzige Zuhälter Andy Mittermeier (famos: Michael Fuith, Grenzfall) als (Auftrags-)Mörder infrage kommen: Die Auflösung ist in Die Kunst des Krieges zweitrangig, wenngleich Sektionschef Ernst Rauter (Hubert Kramar) natürlich das Gegenteil behauptet.


RAUTER:
Und am Ende finden wir raus, wer den Türken umgebracht hat. Das wär' nämlich schon auch wichtig.


Wie viele österreichische Tatort-Macher vor ihm stellt Regisseur und Drehbuchautor Thomas Roth (Deckname Kidon) den Toten einleitend förmlich zur Schau: Wurde in Sternschnuppe der Jurychef einer Castingshow in seiner Dusche stranguliert, gab in Falsch verpackt der zur Eisleiche erstarrte Martin Brambach den Ermittlern Rätsel auf.

Diesmal steckt das Opfer mit dem Kopf in einer Kommode – brutal abgeschlachtet und mit einem elektrischen Dönermesser um wichtige Körperteile erleichtert. Die obligatorische zweite Leiche hängt in bester Hannibal-Manier publikumswirksam in luftiger Höhe – es bleibt nicht der letzte Todesfall in einem Krimi, der sich auf der Zielgeraden zum actiongeladenen Thriller wandelt. Hier wird der Bogen allerdings deutlich überspannt: Der überzeichnete Auftritt der ganz in schwarz gekleideten Killerin "Asia" (Puti Pendekar Kaisar), die gut in einen Martial-Arts-Streifen oder James-Bond-Film gepasst hätte, leitet einen fast absurden Showdown ein, bei dem so ziemlich jede Bewegung in Zeitlupe eingefangen wird.

Dabei entfernt sich der 992. Tatort ohne Not von seinen Wurzeln und ist nah dran an den umstrittenen Hamburger Beiträgen mit Nick Tschiller (Til Schweiger) und Yalcin Gümer (Fahri Yardim), bei denen fast ausschließlich die Action im Vordergrund steht. Die wummernden Beats, die ein wenig zu häufig zum Einsatz kommen, verstärken den Over-The-Top-Eindruck, doch es überwiegen die positiven Aspekte: Die zuletzt drei Mal in Folge nur bedingt überzeugenden Eisner und Fellner harmonieren bei ihren amüsanten Kabbeleien wieder prächtig, wenngleich ihr Wiener Schmäh und die mangelhafte Tonabmischung des Films wieder so manchen Zuschauer auf die Palme bringen.

Das Einschalten lohnt sich aber allein schon wegen des charismatischen Antagonisten: Der in Waschbärpelz gekleidete, glatzköpfige Lude Mittermeier bedient zwar alle Klischees, schreckt bei seiner titelgebenden Kunst des Krieges aber vor nichts zurück, um seine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Für den Spannungsbogen erweist sich das als effektiv: Im Rahmen einer hochspannenden Sequenz im Restaurant wird Eisner nach seinem unpraktischen Gipsbein in Lohn der Arbeit, seiner heftigen Grippe in Kein Entkommen und seiner retrograden Amnesie in Unvergessen gesundheitlich einmal mehr arg in Mitleidenschaft gezogen, so dass das Publikum nach Herzenslust um den Ermittler bangen darf.

Bewertung: 6/10