Zahltag

Folge: 996 | 9. Oktober 2016 | Sender: WDR | Regie: Thomas Jauch
Bild: WDR/Thomas Kost
So war der Tatort:

Konfliktlastig.

Denn wie schon viele Dortmunder Tatort-Folgen zuvor steht auch Zahltag ganz im Zeichen teaminterner Querelen, die sich durch das von Oberkommissar Daniel Kossik (Stefan Konarske) angeleierte Disziplinarverfahren gegen Hauptkommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) zuspitzen: Diesmal rückt dem vierköpfigen Team aus dem Ruhrpott der penible Vorzeigebeamte Johannes Pröll (Milan Peschel) von der Dienstaufsicht auf die Pelle und zitiert die Ermittler zu Einzelgesprächen vor seine Videokamera. Auch Martina Bönisch (Anna Schudt) und Nora Dalay (Aylin Tezel) müssen bei Pröll antanzen - halten sich beim Verhör über die zweifelhaften Methoden ihres Chefs aber bedeckt.

Ganz anders Kossi, denn der zieht ordentlich vom Leder und hat dabei wenig zu verlieren: Dass Faber ihm am Abend vor seinem Gespräch zum exzessiven Saufen überredet, unter seiner BVB-Bettwäsche genächtigt und gezielt einen gehörigen Kater bei Kossik heraufbeschworen hat, ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Das Tischtuch zwischen den beiden Streithähnen ist endgültig zerschnitten und auch ein späterer Annäherungsversuch verpufft ohne die erhoffte Versöhnung.

Im Hinblick auf die horizontale Erzählstruktur wird dem Publikum in diesem Krimi, der sich seinen Titel mit dem gleichnamigen Berliner Tatort von 2004 teilt, einiges abverlangt: Wer den Tatort Kollaps von 2015 verpasst hat, in dem der besserungswillige Dealer Jamal (Warsama Guled) wohl von einem kriminellen Informanten Fabers erschossen wurde, dürfte die Gründe für das Disziplinarverfahren kaum in Gänze begreifen – darf sich aber trotzdem an knackigen One-Linern und köstlichen Dialogen erfreuen, die vor allem auf das Konto des politisch gewohnt unkorrekten Faber und des überkorrekten Pröll gehen.


FABER:
Und, heute schon 'nen Kollegen in die Tonne gekloppt?

PRÖLL:
Wir machen alle nur unsere Arbeit, Herr Faber.

FABER:
Jaja, das haben die im Dritten Reich auch gesagt.


Kinostar Milan Peschel, der zuletzt im Frankfurter Meilenstein Weil sie böse sind als verzweifelter Vater und im spaßigen Münster-Tatort Der Hammer als mordender Möchtegern-Superheld glänzte, mausert sich in seiner sympathischen Rolle auch im 996. Tatort zum Publikumsliebling und stiehlt fast jede Szene, in der er auftritt.

Angesichts der zahlreichen offen schwelenden Konflikte bildet Pröll den willkommenen Ruhepol im Präsidium, in dem es nebenbei auch noch einen Mordfall aufzuklären gibt: Einleitend wird ein Rocker auf offener Straße erschossen, so dass sich Faber und Bönisch schon bald im Clubheim von dessen Gang wiederfinden, die es überhaupt nicht komisch findet, wenn Bönisch plötzlich ihre Dienstwaffe zückt ("Steck das Ding ein! Sonst sorg ich dafür, dass dich jeder hier noch fickt, bevor sie dich in den Phönixsee schmeißen.").

Anders als den Saarbrücker Kollegen im thematisch ähnlich gelagerten, schrillen Totalausfall Eine Handvoll Paradies gelingt Stammautor Jürgen Werner (Kartenhaus) und Regisseur Thomas Jauch (Ein Fuß kommt selten allein) eine zwar nicht ganz klischeefreie, aber sehr unterhaltsame und glaubwürdige Skizzierung des Milieus, in dem vor Dienstmarken und polizeilicher Autorität keinerlei Respekt herrscht. Insbesondere Fabers kernige Auseinandersetzungen mit dem Rockerpräsidenten und Hundefreund Thomas Vollmer (Jürgen Maurer, Am Ende des Flurs) und die Drohgebärden des rabiaten Vizepräsidenten Luan Berisha (Oliver Masucci, mimte Adolf Hitler in Er ist wieder da) bringen Stimmung in die Bude, während der Nebenstrang der Handlung um eine geldwaschende italienische Baufirma eher dünn ausfällt.

Die Auflösung und die Hintergründe des Mordfalls müssen in Zahltag aber ohnehin hinter den emotionalen Streitgesprächen der Kommissare zurückstehen: Wem die bisherigen Beiträge aus dem Ruhrpott zu viel Drama und zu wenig Krimi waren, der dürfte auch diesmal eine Enttäuschung erleben. Und einen Cliffhanger gibt es am Ende auch: Ein Wiedersehen mit Pröll scheint möglich, ein gebrochenes Nasenbein bei Faber ebenfalls – wie es mit ihm und Kossik weitergeht, ist die spannendste Frage in Dortmund, die 2017 endgültig geklärt wird. Dann verlässt Schauspieler Stefan Konarske auf eigenen Wunsch die Krimireihe – was dem WDR wiederum die Möglichkeit gibt, den reizvollen Konflikt auf die Spitze zu treiben und keine Kompromisse machen zu müssen.

In Sturm erfahren wir, wie das aussieht – und es raubt uns den Atem.

Bewertung: 7/10

2 Kommentare:

  1. Leider mal wieder großer mist. Schade

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  2. Super gemacht, geile Sprüche, nicht das übliche Klischee! Weiter so��

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