Die robuste Roswita

Folge: 1064 | 26. August 2018 | Sender: MDR | Regie: Richard Huber
Bild: MDR/Wiedemann&Berg/Anke Neugebauer
So war der Tatort:

Reich an Kartoffeln, Kalauern und Klößen - und zugleich um einen Weimarer Kloßkönig ärmer.

Denn Christoph Hassenzahl (Matthias Paul), Geschäftsführer einer traditionsreichen Kloßmanufaktur, liegt einleitend tot in einem seiner Firmenwagen – besser gesagt das, was von ihm übrig ist, weil sein Mörder die Leiche zu Granulat verarbeitet und transportfreundlich in einem Karton verpackt hat.

Auch seine Gattin suchen die Hauptkommissare Lessing (Christian Ulmen) und Kira Dorn (Nora Tschirner) zunächst vergeblich, denn die frühere Weimarer Kloßkönigin ist mittlerweile nur noch eine Klokönigin: Roswita Hassenzahl (Milena Dreißig, Tanzmariechen), nach der ihr Mann einst die titelgebende Kartoffel Die robuste Roswita benannt hat, verlor vor Jahren bei einem Sturz ihr Gedächtnis und kam danach beim schwer in sie verliebten Pilzsammler und Trickbetrüger Roland Schnecke (Nicki von Tempelhoff, Sonnenwende) unter, der ihr einen Job als Klofrau an einer Raststätte besorgt hat.

Als sie plötzlich wieder auftaucht, sorgt das natürlich für Turbulenzen – und während die Ludwigshafener Kommissare Odenthal und Kopper in Tödliche Häppchen in einem Betrieb für Fleisch- und Fertiggerichte, ihr Kieler Kollege in Borowski und eine Frage von reinem Geschmack in einer Energydrink-Firma und die niedersächsische LKA-Kommissarin Lindholm in Der sanfte Tod in den Produktionshallen eines Fleischfabrikanten ermittelten, dürfen sich Lessing und Dorn nun nach Herzenslust in Hassenzahls Kloßmanufaktur austoben.

Und werden ganz nebenbei noch von ihrem neuen Lebensgefährten fachkundig darüber aufgeklärt, wie man möglichst spritzfrei ins Pissoir einer Herrentoilette pinkelt.


SCHNECKE:
Drei Dinge muss ein Mann beachten: Senkrechte statt waagerechte Oberflächen anstrullen, geringer Aufprallwinkel und nah rantreten.


Wenn Dorn ihren nicht gerade vollschlanken Partner beim spontanen Nachstellen der Leichenbeseitigung keuchend durch die Halle schleppt und sich anschließend kaum noch auf den Beinen halten kann, ist das eine der gelungensten Sequenzen in dieser kurzweiligen Krimikomödie: Die Drehbuchautoren Murmel Clausen und Andreas Pflüger, die auch die vorherigen Fälle aus Weimar konzipierten, setzen wieder auf das in Die fette Hoppe etablierte Erfolgsrezept, mit dem sich der Tatort aus Thüringen seit 2013 eine große Fangemeinde erarbeitet hat.

Mit der Realität im deutschen Polizeialltag haben solche Einfälle wenig zu tun, aber das hat die Macher der Tatort-Folgen von der Ilm noch nie interessiert: In Weimar steht der Spaß im Vordergrund, und der kommt im 1064. Tatort einmal mehr nicht zu kurz. Im Gegenteil: Die robuste Roswita ist eine sympathische Gag-Parade mit staubtrockenem Wortwitz ("Seit der Schule waren wir per du." - "Aber jetzt ist alles perdu."), gewohnt schrägen Figuren und einem turbulenten Finale, was ein Stück weit für die gänzlich fehlende Spannung entschädigt.

Während beim Showdown der verbitterte Kartoffelbauer Thomas Halupczok (Jörn Hentschel, Borowski und das Land zwischen den Meeren) und die Supermarkt-Einkaufsleiterin Marion Kretschmar (Anne Schäfer, Wir sind die Guten) zu großer Form auflaufen, ist es ansonsten vor allem die undurchsichtige Roswita Hassenzahl, die eine Szene nach der nächsten stiehlt: Die pfiffige Amnesie-Patientin emanzipiert sich schneller von ihrer anfänglichen Dummchen-Rolle, als es vielen ihrer Mitmenschen lieb ist.

Für reichlich Pointen sorgen ansonsten der erkältete Kommissariatsleiter Kurt Stich (Thorsten Merten) und Schutzpolizist Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey), der schon mal vor einer Wildschweinhorde auf den Baum flüchtet – die beiden Sidekicks sind aber längst zu reinen Karikaturen verkommen und sorgen mit ihren platten Zoten wie schon im Vorgänger Der kalte Fritte nicht immer für die erhofften Lacher.

Eine auffällige Parallele ergibt sich außerdem zum grandiosen Schweizer Tatort-Experiment Die Musik stirbt zuletzt, das drei Wochen zuvor die Sommerpause 2018 beendete: Auch in Die robuste Roswita kommt das als "Schwiegermuttergift" bekannte Pflanzenschutzmittel E 605 zum Einsatz – eine Schwiegermutter muss aber auch in Weimar nicht dran glauben.

Bewertung: 6/10

8 Kommentare:

  1. Super Tatort! Der Weimarer Tatort ist genauso kurzweilig wie der Münsteraner Tatort. Wortwitz verbunden mit Lokalkolorit. Eine glatte 8, Luft ist immer noch nach oben. Kein klassischer Krimi, aber ein schöner Zeitvertreib für Sonntag Abend.

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  2. Schade, dass die Schauspieler sich für so etwas hergeben!!
    Ein Tatort zum abgewöhnen!!!
    Witzig und völlig sinnfrei passt leider garnicht!!

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  3. Endlich mal ein Guter Tatort.Spannend und was zu lachen.Wurde auch Zeit die letzten waren ein Elend.Danke es geht etwas Berg auf

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  4. Roswita Hassenzahl, nicht Hasselhoff

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  5. Landschaft eben Thüringen sehr schön, Schauspieler auch sehr gut, aber Handlung bzw.Inhalt ziemlich skurril....Verbrechen mit Komik in Verbindung zu bringen mag ich persönlich gar nicht !!!

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  6. Das war absolut nichts, nur noch Slapstick!

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  7. Ich habe mich mit diesem skurrilen Film prächtig amüsiert und würde ihm deshalb eine höhere Wertung geben. Gut, streckenweise mangelt es diesem Tatort an lustigen Momenten und mit der Realität hat das alles reichlich wenig zu tun. Neben einigen wirklich lustigen Wortwitzen ("von der Kloßkönigin zur Königin der Klos") und der köstlichen Szene, in der Dorn Lessing durch die Fabrikhalle trägt, ist es vor allem das grandiose Finale, das meine Wertung in die Höhe schellen lässt. Spannender geht es da kaum, weil man sich fragt, wer jetzt wen wie vergiften wird. Toll! Lustig ist auch Stichs Gang aus dem Kühlraum.
    Also teils zum Kugeln, interessanter, verstrickter (und auch verrückter) Plot, einige kleine Längen. Von mir gibt es 7/10 Punkte mit Tendenz nach oben!
    P.S.: Wie schon jemand vor mir angemerkt hat: Roswita heißt nicht Hasselbach, sondern Hassenzahl, wie ihr Mann.

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