Blut

Folge: 1070 | 28. Oktober 2018 | Sender: Radio Bremen | Regie: Philip Koch
Bild: Radio Bremen/Christine Schroeder
So war der Tatort:

Nichts für schwache Nerven.

Denn wie schon 2017 setzt die ARD im ausklingenden Oktober auch 2018 wieder auf einen Halloween-Tatort: Waren es im Vorjahr die Frankfurter Hauptkommissare Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch), die im allenfalls zum Fürchten schlechten Tatort Fürchte dich in einem Spukhaus mit paranormalen Phänomenen konfrontiert wurden und die Zuschauer reihenweise zum Abschalten animierten, so sind es diesmal ihre Bremer Kollegen Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen), die in der Hansestadt einen wahren Horrortrip erleben.

Doch diesmal entpuppt sich das Genre-Experiment als Volltreffer: "Lasst uns noch mal ein Feuerwerk abfackeln", brachte Mommsen das gemeinsame Motto von Sender und Schauspielern im Hinblick auf den 2019 anstehenden Abschied der Bremer Kommissare in einem Interview auf den Punkt – und Regisseur Philip Koch, der das Drehbuch zu Blut gemeinsam mit Holger Joos (Freies Land) schrieb und bereits den bärenstarken Vorgänger Im toten Winkel inszenierte, lässt Taten folgen.

Nachdem eine unbekannte Frau der jungen Julia Franzen (Lena Kalisch, Das Gespenst) einleitend in einem Park das Blut aussaugt und deren Freundin Anna Welter (Lilly Menke, Tiere der Großstadt) gerade noch mit dem Schrecken davon kommt, machen sich Lürsen und Stedefreund auf die Suche nach einem Vampir – obwohl sie natürlich wissen, dass es ihn eigentlich gar nicht gibt. Oder etwa doch?


LÜRSEN:
Ich glaube nicht an Monster, die sich in Fledermäuse verwandeln.


Während Lürsen, die bei ihren Recherchen von ihrer Tochter Helen Reinders (Camilla Renschke) unterstützt wird, die Theorie des fachkundigen Germanistikprofessors Syberberg (Stephan Bissmeier, Die letzte Wiesn) ins Reich der Märchen verweist, ist Stedefreund nach einer einschneidenden Erfahrung empfänglicher für eine übernatürliche Erklärung des brutalen Mordes – und der Zuschauer darf selbst entscheiden, welchen Ansatz er favorisiert.

Das ist sehr typisch für die Krimireihe und lässt den 1070. Tatort – bei all seiner Extravaganz – unterm Strich ein wenig durchgeplanter wirken, als man es bei einem solch wagemutigen Experiment für möglich halten sollte. Dem hohen Unterhaltungswert tut das aber kaum Abbruch, wenn man denn das entsprechende Nervenkostüm mitbringt: Koch hält das Spannungslevel von Minute 1 an hoch und gönnt seinem Publikum dank sorgfältig dosierter Jump Scares, blutiger Schockmomente und klassischer Suspense nur selten längere Verschnaufpausen.

Und er geizt nicht mit filmischen Zitaten, denn schon die Auftaktsequenz dürfte so manchem Fan von Freddy Krueger, Michael Myers & Co. einen nostalgischen Schauer über den Rücken laufen lassen: Der Popcorn-in-der-Küche-Verweis auf Wes Cravens Meisterwerk Scream stellt die Weichen auf Fürchten und bleibt bei weitem nicht der letzte in diesem Film. Neben einer verbalen Anspielung auf Van Helsing und verschiedenen Anleihen aus bekannten Slasher- und Exorzismusfilmen findet auch das Szenenbild aus dem Hitchcock-Klassiker Psycho seine Entsprechung – nämlich in der steilen Treppe im Wohnhaus von Nora Harding (Lilith Stangenberg) und ihrem Wolf (Cornelius Obonya, Granit), in dem das Herz dieses Horrorkrimis schlägt und in dem das Blut schon mal in der Mikrowelle warm gemacht wird.

Die beeindruckende Performance von Nebendarstellerin Lilith Stangenberg, die als menschlicher Vampir einen wahren Kraftakt abliefert und sich nach Herzenslust austoben darf, ist allein schon das Einschalten wert. Damit der Halloween-Tatort beim spannenden Spagat zwischen klassischer Krimikost und dem blutigen Ausflug ins Horrorgenre nie ganz die Bodenhaftung verliert, bedienen sich die Filmemacher im Übrigen eines kleinen Tricks: Die wirklich paranormalen Momente erlebt Stedefreund immer in nächtlichen Alpträumen oder im Fieberwahn – alle anderen Vorfälle könnten mit natürlichen Ursachen erklärbar sein.

So wandelt der vorletzte Tatort mit Lürsen und Stedefreund zwar auf einem ganz schmalen Grat zwischen klassischer Krimi-Unterhaltung, blutigen Zugeständnissen an das Horror-Publikum und der Gefahr von unfreiwilliger Komik – aber anders als Fürchte dich oder manch anderes missglückte Tatort-Experiment verliert er dabei nie die Balance.

Bewertung: 8/10

KI

Folge: 1069 | 21. Oktober 2018 | Sender: BR | Regie: Sebastian Marka
Bild: BR/Bavaria Fiction GmbH/Hendrik Heiden
So war der Tatort:

Seelenlos.

Denn in diesem Tatort von Sebastian Marka (Der scheidende Schupo) mangelt es zwar weniger der ambitionierten Geschichte, dafür aber der wichtigsten Augenzeugin im Fall der verschwundenen Melanie Degner (Katharina Stark) an einer Seele und Herzblut: Die 14-jährige Schülerin hatte eine komplexe künstliche Intelligenz namens MARIA auf ihrem Laptop installiert. Die wurde offenbar aus dem Leibniz-Rechenzentrum in München-Garching gestohlen und weiß mehr über die Hintergründe von Melanies Verschwinden.

Bei der Aufklärung des Falls sind die Münchner Hauptkommissare Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) – nicht gerade die Digital Natives der Krimireihe – wohl oder übel auf die Unterstützung der titelgebenden KI angewiesen: Die Idee der Drehbuchautoren Stefan Holtz und Florian Iwersen, die bereits die sehenswerte Oktoberfest-Folge Die letzte Wiesn gemeinsam schrieben, eine künstliche Intelligenz zur wertvollsten Zeugin zu machen, hat es im Tatort so noch nicht gegeben und schafft eine vielversprechende Ausgangslage für einen spannenden Cyberkrimi.

Wenngleich der warnende Zeigefinger nicht ausbleibt, rückt die KI zu Beginn sogar in ein ungewohnt positives Licht – und wenn Leitmayr im LRZ bei der ersten Befragung von MARIA schon nach wenigen Fragen die Geduld verliert, weil sich Batic mit neunmalklugen Ratschlägen einmischt, darf natürlich auch geschmunzelt werden.


LEITMAYR:
Jetzt halt doch mal die Klappe, Mensch!

MARIA:
Redest du mit mir?

LEITMAYR:
Nein.

MARIA:
Aber ich höre noch eine Stimme?

LEITMAYR:
Ja, leider. Einfach ignorieren, das mach ich auch so.


Sympathisch-humorvolle und zugleich sorgfältig dosierte Szenen wie diese sind typisch für den Tatort aus München, gehen diesmal aber auf Kosten der Logik: MARIA scheint beim Verhör stets die Antworten zu geben (oder eben nicht zu geben), die dramaturgisch ins Konzept passen.

Auch technisch klafft das eine oder andere Logikloch: Betont Projektleiter Bernd Fehling (Florian Panzner, Nachbarn) einleitend noch, dass allein der Supercomputer im Rechenzentrum dazu in der Lage sei, die riesigen Datenmengen bei der Interaktion mit der KI störungsfrei zu verarbeiten, lässt sich mit ihrer weiterentwickelten Raubkopie problemlos per Laptop bei wackeliger Internetverbindung in der Pampa interagieren.

Solche Ungereimtheiten schmälern den Unterhaltungswert zwar nur gering, dafür offenbaren sich im Hinblick auf die Nebenfiguren erhebliche Schwächen bei der Charakterzeichnung: Den nicht von ungefähr mit Sonnenbrille, Cap und Vollbart maskierten IT-Techniker Christian Wilmots (Schauspieler Thorsten Merten spielt schließlich auch Kommissariatsleiter Kurt Stich im Tatort aus Weimar) skizzieren die Filmemacher viel zu oberflächlich als paranoiden Einzelgänger und Freak ("Wer schickt euch? NSA? BND?"), während die ehrgeizige Überfliegerin Anna Velot (Janina Fautz, Sonnenwende) kaum mehr als ein anstrengendes Klischee auf zwei Beinen ist.

Die Kollegen der Kommissare bestätigen hingegen ein ungeschriebenes Tatort-Gesetz: Die auszubügelnden Ermittlungsfehler gehen oft aufs Konto der unteren Dienstränge – diesmal auf das von Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer), der sich von Anna mit einem simplen Trick aufs Kreuz legen lässt, und Ritschy Semmler (Stefan Betz), der bei einer Observation im entscheidenden Moment nicht richtig hinsieht.

Trotz der vielen Szenen im futuristisch eingerichteten LRZ ist KI aber kein reiner Cyberkrimi, sondern auch ein – leider sehr vorhersehbares – Familiendrama: Wieviel durch die Scheidung von Melanies Eltern ins Rollen gekommen ist, lassen schon die Antidepressiva erahnen, die ihre Mutter in ihrer ersten Szene in einer Schublade verschwinden lässt. Während wir am Seelenleben ihres Ex-Mannes Robert (Dirk Borchardt, Hundstage) ausführlich teilhaben dürfen, bleibt Brigitte Degner (Lisa Martinek, Blutgeld) die Unbekannte in diesem Tatort – erfahrene Zuschauer ziehen daraus schon früh die entsprechenden Schlüsse.

Auch über die Gründe für Melanies Einsamkeit und ihre Flucht in die Pseudo-Freundschaft zu einer künstlichen Intelligenz erfahren wir zu wenig, als das uns ihr Schicksal berühren würde – und so wirft das tragische Ende fast mehr Fragen auf, als es beantwortet.

Bewertung: 5/10

Her mit der Marie!

Folge: 1068 | 14. Oktober 2018 | Sender: ORF | Regie: Barbara Eder
Bild: ARD Degeto/ORF/Hubert Mican
So war der Tatort:

An der Grenze des Zumutbaren.

Doch nicht etwa im Hinblick auf das Drehbuch (das ist klasse), die Inszenierung (die ebenfalls) oder gar die Besetzung (die über jeden Zweifel erhaben ist): Nein, in diesem Austro-Tatort wird ein derartiges Dialektfeuerwerk abgebrannt, das bei vielen deutschen Zuschauern gleich reihenweise Fragezeichen über die Stirn huschen dürften.

Wer mit dem Wiener Zungenschlag und den entsprechenden Begrifflichkeiten in unserem Nachbarland fremdelt, wird an diesem Tatort wenig Freunde finden, denn der irritiert schon mit seinem Filmtitel: Her mit der Marie! bezieht sich nicht etwa auf eine Geisel oder ein Entführungsopfer selbigen Namens, sondern heißt im Österreichischen so viel wie "Geld her!".

Gemeint ist eine Tasche mit Banknoten: Pico Bello (Christopher Schärf, Glaube, Liebe, Tod) und Edin Gavric (Aleksandar Petrovic), zwei Handlanger des früheren Unterweltkönigs Joseph "Dokta" Fenz (Falsch verpackt), brausen einleitend mit ordentlich Kohle im Kofferraum durch die Provinz, werden bei ihrer "Monopoly-Tour" aber von einem maskierten Unbekannten überfallen und um ihr Geld gebracht. Gavric bezahlt sogar mit dem Leben, weil er den Helden spielen will.

Das wiederum ruft Chefinspektor Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Majorin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) auf den Plan, die den Wiener Schmäh in diesem Tatort einmal mehr in unnachahmlicher Manier und bei allerhöchstem Unterhaltungswert zelebrieren. Zur Not auch mal per "Wecall"-Schalte, bei der Eisner mit einem sympathischen Profilbild – in Zeiten von Snapchat und Instagram natürlich mit rausgestreckter Zunge, animierter Nase und braunen Ohren im ergrauten Haar – für den größten Lacher in diesem äußerst kurzweiligen Tatort sorgt.


FELLNER:
Is' fesch, dein Profilbild!

EISNER:
Weißt du, wie man den Scheiß wieder wegkriegt!?


An den Dialekt der beiden Ermittler, der die Zankereien ja immer gleich doppelt amüsant macht, haben wir uns nach siebeneinhalb Dienstjahren zwar gewöhnt – wenn Fellner und ihr alter Busenkumpel Inkasso-Heinzi (Simon Schwarz) bei einer Plauderei im Hinterhof aber nebenbei auch noch auf einer Leberkäs-Semmel herumkauen (s. Bild) und über das Leberkäs-Dilemma philosophieren, ist selbst für das geschulte Ohr kaum noch etwas zu verstehen.

Wer die akustische Herausforderung annimmt, wird aber mit einem auch ästhetisch herausragenden Genre-Mix belohnt: Schon der melancholische Soundtrack (incl. Gastauftritt von Voodoo Jürgens), ein paar tolle Splitscreen-Montagen und die wunderbar fotografierte Eröffnungssequenz auf einer einsamen Landstraße zeigen, dass wir es in diesem grandios fotografierten und unheimlich stimmungsvoll arrangierten Film mit keinem Tatort nach Schema F zu tun haben. Regisseurin Barbara Eder (Virus) inszeniert vielmehr eine höchst unterhaltsame Kombination aus Milieukrimi, Roadmovie, Westerndrama und Mafiathriller, die sich selbst nicht allzu ernst nimmt und in der sich die schillernden Figuren förmlich die Klinke in die Hand geben.

Während der augenzwinkernd überzeichnete Elvis-Verschnitt Pico und sein Verhältnis zur neuerdings angeblich ehrlichen Haut Inkasso-Heinzi bis zum Schluss die große Unbekannte und Antriebsfeder der Geschichte bleiben, gibt der eiskalte Problembeseitiger Marko Jukic (Johannes Krisch, Vergeltung) den harten Hund. Der einflussreiche Dokta stiehlt ebenfalls viele Szenen – zum Beispiel dann, wenn er sich beim Verhör im Präsidium in aller Seelenruhe ein Ei pellt, das ihm seine knuffige Gattin (Maria Hofstätter, Granit) zuvor noch fix in die Lunchbox gepackt hat.

Auch der übereifrige Assistent Manfred Schimpf (Thomas Stipsits) stellt bei seinem neunten Auftritt unter Beweis, was für ein großer Gewinn er über die Jahre für den Tatort aus Österreich geworden ist: So sehr sich Eisner und Fellner bei den Ermittlungen auch in die Haare kriegen – in dem tatendurstigen Kollegen finden sie in Her mit der Marie! immer wieder ein gemeinsames Feindbild, über das sie sich wunderbar echauffieren können.

Den 1068. Tatort auf sein Figurenensemble und die stellenweise brüllend komische Situationskomik zu reduzieren, würde dem starken Drehbuch von Stefan Hafner und Thomas Weingartner aber nicht gerecht: Die Geschichte geht unheimlich ans Herz – und wer einfach nur einen guten Krimi sehen und miträtseln möchte, kommt ebenfalls auf seine Kosten. Zwar reduziert sich der Kreis der Verdächtigen auf eine Person, doch bleibt deren Rolle bei der Tat bis in die emotionalen Schlussminuten unklar. Dass die Auflösung des Mordfalls nicht sonderlich knifflig ausfällt, schmälert den überragenden Gesamteindruck unterm Strich kaum.

Bewertung: 9/10

Tod und Spiele

Folge: 1067 | 7. Oktober 2018 | Sender: WDR | Regie: Maris Pfeiffer
Bild: WDR/Thomas Kost
So war der Tatort:

Kampfsportlich.

Denn das neu formierte Dortmunder Quartett um Hauptkommissar Peter Faber (Jörg Hartmann), Martina Bönisch (Anna Schudt), Nora Dalay (Aylin Tezel) und Jan Pawlak (Rick Okon) verschlägt es bei seinem ersten gemeinsamen Einsatz in die illegale Mixed-Martial-Arts-Szene – und dort beweist vor allem Debütant Pawlak, dass sein gefährlicher Undercover-Einsatz in der JVA im Vorgänger Tollwut nicht von ungefähr kam.

Der Dortmunder Neuzugang, der in Tod und Spiele offiziell die Nachfolge des im Meilenstein Sturm ausgeschiedenen Daniel Kossik (Stefan Konarske) antritt, geht wieder dahin, wo's weh tut: Er ermittelt verdeckt im Fight Club von Till Koch (Robert Gallinowski, Level X), weil in einer leerstehenden Fabrik am Stadtrand die verbrannten und noch zu Lebzeiten schlecht verheilten Knochen eines Mannes gefunden wurden, der dort mutmaßlich trainiert hat – und außerdem bei illegalen Wettkämpfen angetreten ist, bei denen es um Leben, Tod und viel Geld ging.

Dabei ist Pawlak gar nicht der Draufgänger, für den man ihn zunächst halten sollte: Anders als Faber, Bönisch und Dalay ist er bei den Ermittlungen um Harmonie bemüht und macht pünktlich Feierabend. Das birgt ebenso Zündstoff wie sein Dienstgrad Hauptkommissar, der der jungen Oberkommissarin Dalay überhaupt nicht in den Kram passt. Und anders als seine Kollegen hat der Mann sogar (noch) Familie.


PAWLAK:
Ich hab selbst 'ne Familie. Bin ich offenbar der Einzige hier?


FABER:
Das gibt sich auch noch, wenn Sie nur lange genug bei uns bleiben.


Schon beim Aufarbeiten der hierarchischen Diskrepanz zwischen Pawlak und Dalay offenbart sich eine der größten Schwächen dieses Krimis, die in den sonst so überzeugenden Tatort-Folgen aus Dortmund bisher nur selten zu beobachten war: Die zwischenmenschlichen Konflikte und launigen Sprüche lassen die Natürlichkeit bisweilen vermissen und entwickeln sich oft nicht aus den Charakteren heraus, sondern wirken wie vorgegeben. Dass Drehbuchautor Jürgen Werner (Zahltag), der den Großteil der bisherigen Fälle konzipiert hat, das Ruder diesmal seinem Kollegen Wolfgang Stauch (Côte d'Azur) überlässt, ist spürbar.

Die Spannung köchelt auf Sparflamme, wenngleich neben Pawlaks Beschattung von MMA-Trainer Abuzar Zaurayev-Schmidt (Surho Sugaipov, Dunkle Zeit) noch ein zweiter Undercover-Einsatz für eben jene sorgen soll: Bönisch quartiert sich unter falschem Namen in einem Hotel ein und bandelt dort mit dem Oligarchen Oleg Kombarow (Samuel Finzi, bekannt als Gerichtsmediziner Dr. Stormann aus dem Kieler Tatort) an, der bei den Kämpfen viel Geld aufs Spiel setzt und am liebsten Borussia Dortmund kaufen würde. Wirklich mitzureißen vermag aber auch dieser Handlungsstrang selten, wenngleich sich Kombarow vom Klischee des schmierigen Russen mit viel Geld und wenig Skrupeln emanzipieren darf.

Fast gänzlich verschenkt wird dafür eine Figur, die eigentlich großes Potenzial mitbringt: Der verängstigte kleine Junge (Cecil Schuster), den Faber im Hotelzimmer des Toten findet und scherzhaft "Kleinkhan" tauft, darf die Ermittler zu Beginn zwar mit seinem hartnäckigen Schweigen aus der Reserve locken, wird später aber einfach vorm PC geparkt und damit als Figur fallengelassen, um dann beim Showdown plötzlich wieder einzugreifen.

Während die Realitätsnähe – die Kripo lässt den Jungen tagelang ohne Wissen des Jugendamts im Büro auf dem Fußboden schlafen – im 1067. Tatort erschreckend klein geschrieben wird, klaffen anderswo riesige Logiklöcher: Hätten die Ermittler einfach mal Kleinkhans Kleidung untersucht, wäre der Fall schon viel früher gelöst gewesen.

So sind der größte Pluspunkt in Tod und Spiele am Ende die tollen Szenen mit Faber und Bönisch: Wenn sich die beiden heimlich auf der Damentoilette treffen, über die nötigen Grenzen ihrer Umtriebigkeit streiten oder sich Faber zähneknirschend eingesteht, dass er seine Kollegin nicht nur als Fachkraft schätzt, ist der Dortmunder Tatort voll in seinem Element.

Bissige Wortgefechte allein machen aber noch keinen guten Krimi, denn auch die Inszenierung von Maris Pfeiffer (Verdammt) enttäuscht: Besonders künstlich wirkt neben einem fast unfreiwillig komischen K.O. im Präsidium auch der Showdown, bei dem der Funke von den Kämpfern nicht recht auf die Besucher überspringen will.

Bewertung: 5/10