Die Guten und die Bösen

Folge: 1129 | 19. April 2020 | Sender: HR | Regie: Petra Katharina Wagner
Bild: HR/Degeto
So war der Tatort:

Postmortal.

Denn in Die Guten und die Bösen gibt es fast auf den Tag genau ein Jahr nach ihrem Tod ein letztes Tatort-Wiedersehen mit der 2019 verstorbenen Hannelore Elsner – jener beliebten Schauspielerin also, die in den späten 90er Jahren selbst zweimal als Die Kommissarin Lea Sommer im Tatort aus Hamburg zu sehen war (allerdings mit Gefährliche Übertragung und Alptraum zwei ziemlich schwache Fälle beschert bekam).

Bei ihrer Rückkehr in die Krimireihe ist Elsner aber nicht etwa in ihrer früheren Rolle zu sehen, sondern als Elsa Bronski: Die pensionierte Kommissarin hat vor sieben Jahren den Fall der entführten und vergewaltigten Helen Matzerath (Dina Hellwig, Wer das Schweigen bricht) nicht aufklären können und löst damit indirekt den neuen Mordfall im Hier und Jetzt aus.

Der Ehemann des Opfers, der Polizist Ansgar Matzerath (Peter Lohmeyer, Der schwarze Ritter), hat das Gesetz nämlich in die eigenen Hände genommen und den vermeintlichen Vergewaltiger seiner Frau gefoltert und mit einer Plastiktüte erstickt – und seine Kollegen, die Frankfurter Hauptkommissare Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch), staunen nicht schlecht, als Matzerath sie nicht nur persönlich zu Leiche und Tatort in einer Waldhütte fährt, sondern die Tat auch umgehend gesteht.


BRIX:
Hast du ihn gefunden?


MATZERATH:
Ich hab ihn getötet. Ich bin der Mörder.

BRIX:
Also ich hab jetzt überhaupt keinen Sinn für Humor.


Drehbuchautor David Ungureit (Mord Ex Machina) hat einen sehr ungewöhnlichen Tatort geschrieben und bricht darin fleißig mit den ungeschriebenen Gesetzen der Krimireihe.

Dass Janneke und Brix nicht zu Scherzen aufgelegt sind, hat Gründe: Bevor die Leiche gefunden wird – normalerweise geschieht dies in den Anfangsminuten – feiern die Kommissare nachts im Präsidium eine alkoholschwangere Karaoke-Party mit Brix' extravaganter Mitbewohnerin Fanny (Zazie de Paris) und werden am nächsten Morgen völlig verkatert vom mutmaßlichen Mörder geweckt. Als ironische Variation der üblichen Dramaturgie hätte das durchaus funktionieren können, doch stattdessen stürzt der Film nach dem Leichenfund in ein dauerhaftes Spannungstief, aus dem die Filmemacher ihn bis zum Abspann nicht mehr heraushieven.

Im 1129. Tatort scheint fast alles wichtiger zu sein als die Frage, ob Matzerath den Richtigen ins Jenseits befördert hat: Brix' schwacher Magen, der den Alkohol nicht verkraftet, die ausufernden Renovierungsarbeiten, die zu absurden Verhörszenen auf dem Flur führen, ein vom stellvertretenden Staatsanwalt Bachmann (Werner Wölbern) angesetzter Teamworkshop unter Leitung der engagierten Olivia Dor (Dennenesch Zoudé, Tödliche Souvenirs) und auch Jannekes Fotoausstellung, die den Flur des Präsidiums ziert.

"Das ist doch das Tolle an der Fotografie: der Ausschnitt", sagt Janneke über eines ihrer Fotos, und etwas Ähnliches ließe sich über den ersten Tatort von Regisseurin Petra Katharina Wagner sagen: Die Guten und die Bösen, dem sich zwar eine Art Echtzeit-Charakter, aber kein Tempo attestieren lässt, zeigt viele Ausschnitte aus dem Kripo-Alltag – aber leider die, die so gut wie keine Spannung generieren.

Zum ermüdenden Leerlauf gesellen sich im Drehbuch realitätsferne Manöver: Die pensionierte Bronski – Elsner mimt sie unaufgeregt, aber überzeugend – darf im Keller des Präsidiums in Seelenruhe ungeklärte Altfälle sichten, weil die Pförtner sie noch von früher kennen, ihr junger Schäferhund flitzt ungestört durchs Gebäude, in dem sich Coach Dor verläuft, und der mordverdächtige Matzerath diniert nicht nur unbewacht in der Kantine, sondern holt sogar allein ein frisches Hemd aus Brix' Dienstwagen, weil der sein anderes vollgekotzt und ihm den Autoschlüssel gegeben hat.

Das ist ziemlich abenteuerlich und schmälert den Unterhaltungswert erheblich, dabei birgt der philosophisch-systemkritische Ansatz der Filmemacher eigentlich enormes Potenzial: Zählt ein geständiger Mörder wirklich zu den Bösen, weil er den Vergewaltiger seiner Frau getötet hat? Und zählen Polizisten wirklich zu den Guten, wenn sie ihn davon abbringen wollen, die Tragweite seiner Tat zu gestehen?

"Ich frag mich in letzter Zeit andauernd, was wir hier eigentlich machen und wozu", zieht Janneke ein ernüchtertes Fazit, und dasselbe ließe sich leider auch über diesen kunstvoll angehauchten Tatort sagen. Denn so reizvoll die kritischen Denkanstöße in den selbstreflexiven Dialogen sein mögen – unterm Strich bleiben fast alle Fragen unbeantwortet und die Figuren drehen sich nur um sich selbst.

Bewertung: 4/10

Rezension der vorherigen Folge: Kritik zum Tatort "Das fleißige Lieschen"

21 Kommentare:

  1. Ich frage mich ernsthaft, ob sich das mal jemand anschaut bevor es gesendet wird. Ich bin fassungslos, was da zur Prime Time auf Sendung gehen darf. Das ist mal Verschwendung par Excellance... unfassbar

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    1. Stimmt. Sehr langweilig. Niveaulos

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    2. Selten einen sooo faden Krimi gesehen. Auch die bemühten Stilelemente (Smooth Jazz, Kamara,...) machten aus einem der schlechtesten Tatorte keinen halbwegs erträglichen Filmabend. Waste of time!

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  2. Ganz schwacher Tatort, schade um die Zeit...

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  3. Einer der schlechtesten Tatort Folgen die ich je gesehen habe. Absoluter Schwachsinn, ganz schlechte Handlung. Die beiden Kommissare werde ich bestimmt nicht mehr schauen. Sorry aber so ein Mist geht gar nicht.

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  4. Verschwendete Rundfunkbeitragsgelder, verschwendete Zeit, wiedereinmal beschädigter Ruf der Reihe. Wer läst wem so was durchgehen?

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  5. Note sechs - setzten.
    Totalausfall, Zeitverschwendung und langweilig.

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  6. Es passte alles zusammen
    Thema
    Musik
    Story
    Spannung
    Alles war so das man vor Langeweile fast einschlief.
    Nebendarsteller konnten da auch keine Schauspielerische Leistung bringen.
    Undankbar für jeden Schauspieler,
    Irgendeine Drama Story aber kein Tatort Krimi
    Schade

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  7. Einer der schlechtesten Tatort Folgen die ich je gesehen habe. Absoluter Schwachsinn, gar keine Handlung. Die Folgen mit den beiden Kommissaren sind eh schon immer Grenzwertig aber ab jetzt werde ich die beiden nicht mehr anschauen. Sorry aber so ein Mist geht gar nicht.

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  8. Klar kein "üblicher" Tatort, aber das Wechselspiel zwischen absurdem Rollentausch in chaotischen "Ermittlungsabläufen" und geschickt aufgeworfenen Sinnfragen erschliesst sich mir als erfrischende Unterhaltung.

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  9. Ich schaue seit 40 Jahren Tatort. Aber das war der größte Käse, den ich bis jetzt sah. Gehört zur Kategorie Schlefaz. Habe zwischendurch 20 min geschlafen aber nichts verpasst. Kein Mitfiebern, kein Mitkombinieren, kein Krimi. Die Elsner im Keller mit Hund, reine ABM-Maßnahme. Bloß nicht wieder solch einen Mist.

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  10. Laaaaaaaaaaaaaangweilig, aber künstlerisch bestimmt total wertvoll!

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  11. Das war Schauspielkunst vom feinsten... Gerade richtig, da man ja nicht mehr ins Theater gehen darf. Ich war 90 Minuten lang hell wach.

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  12. Wir fanden den Tatort schräg und unterhaltsam, aber auch philosophisch angehaucht. Tolle Idee, immer wieder den roten Ball des Hundes durchs Bild rollen zu lassen. Mehr Tatorte dieser Art, bitte!

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  13. Die letzte Tatort-Folge war grottenschlecht und für mich als Zuschauer eine einzige Zumutung. Und dafür muss ich auch noch monatlich meinen Rundfunk-Beitrag zahlen! Das Niveau der Folgen hat in der letzten Zeit kontinuierlich abgenommen; fast nur noch „gestörte“ Kommissare/Kommissarinnen und unsinnige, zusammengebastelte Handlungen. Es wird Zeit, die Serie sofort endgültig einzustellen. Dies würde bei der ARD sicherlich zu Produktionskosteneinsparungen führen und könnte bei künftigen Diskussionen zu den ständig geforderten Erhöhungen der Rundfunkgebühren für etwas Entspannung sorgen!

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  14. Endlich wieder ein unterhaltsamer Tatort. Köstlich absurd, erfrischende Abwechslung zu den gewohnten 0815-Tatorten. Ein gut gelauntes Ermittlerteam in herrlich schrägen Situationen. Gerne wieder!

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  15. Liebe Redaktion,
    Dieser Tatort war absolut langweilig von der 1. bis zur letzten Minute. Wenn man schon 10 Minuten ein gemeinsames Besaufen verfilmt und dann noch einen Coach im Gebäuder verlaufen lässt, dann muss der Regie tatsächlich nicht mehr viel einfallen um die 90 Min voll zu bekommen. Auch die Renovierung des Polizeigebäudes mit triefendem Wasser aus allen Decken und Wänden und offenen Akten in der Tiefgarage ist sowas von absurd, dass es keinen Spass macht sich den Sonntagabend damit zu vertreiben.
    An den Schauspielern liegt es definitiv nicht, die sind gut. Es liegt an der langweiligen Story.
    Schade um die Rundfunkgebühren, die für so etas ausgegeben werden.

    Liebe Grüße

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  16. Das Hauptthema war super, aber die Umsetzung war unnötig in die Länge gezogen...

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  17. Wir haben dieses Mal nach 15 Minuten umgeschaltet. Da muss sich niemand wundern, dass Netflix etc. die Nase bei den Einschaltquoten vorn hat.

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  18. Ein großartiger Tatort. Super besetzt, super gespielt. Klasse.

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