Wer zögert, ist tot

Folge: 1171 | 29. August 2021 | Sender: HR | Regie: Petra Lüschow
Bild: HR/Degeto/Bettina Müller
So war der Tatort:

Ein bisschen wie der Sommer 2021: Am Anfang gibt's einen Wolkenbruch, hier und da einen Lichtblick – und ehe er richtig auf Betriebstemperatur kommt, ist er auch schon wieder vorbei.

Dabei geht der erste Tatort nach der Sommerpause so vielversprechend los: Wir werden Zeuge, wie der schnöselige Anwaltssohn Frederick Seibold (Helgi Schmid, Tschill Out) auf dem Golfplatz von vier Maskierten überwältigt und verschleppt wird. Die Kidnapper wollen vier Millionen Euro von seinem reichen Vater, dem renommierten Juristen Konrad Seibold (Bernhard Schütz, Der Tod der Anderen) erpressen – und lassen diesem und Fredericks alleinerziehender Ex-Freundin Bille Kerbel (Britta Hammelstein, Das Leben nach dem Tod) einen abgetrennten Finger zukommen, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen.

Der Auftakt zu einem fiebrigen Entführungsthriller, bei dem es für die Frankfurter Hauptkommissare Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) darum geht, die Täter bei einem packenden Wettlauf gegen die Zeit zur Strecke zu bringen und das Leben des Gekidnappten in letzter Sekunde zu retten?

Mitnichten. Regisseurin und Drehbuchautorin Petra Lüschow, die nach dem enttäuschenden Schweizer Tatort Schmutziger Donnerstag zum zweiten Mal für die Krimireihe am Ruder sitzt, macht nach der reizvollen Eröffnungssequenz, in der einer der Maskierten zu Tode kommt, in auffallend gemütlicher Gangart und fast seichter Vorabend-Tonalität weiter, um dann im Schlussdrittel zumindest noch ein wenig auf die Tube zu drücken. Bis zum Showdown ist der Weg aber sehr weit – und es gilt für den Zuschauer ermüdende Hänger und seltsam leblose Handlungsschlenker zu überstehen.

Die Kreuzung aus schrägem Howcatchem und wendungsreichem Kidnapper-Krimi wird mit einem verspielten Soundtrack, subtilem Humor und staubtrockenem Dialogwitz angereichert. Das ist für den Frankfurter Tatort typisch, aber nicht immer so amüsant wie erhofft, und so lassen sich die wirklich guten Szenen bis zum Abspann an einer Hand abzählen. Dazu zählt die, in der Brix die auf dem Seziertisch ziemlich verloren wirkenden Finger begutachtet und mit Gerichtsmediziner Lorenz (Michael Stange) Rückschlüsse auf Täter und Opfer zieht. 


BRIX:
So wenig hatten wir hier noch nie liegen, was?

LORENZ:
Doch, wir hatten schon mal weniger.


Wer zögert, ist tot ist kein gewöhnlicher Tatort – ein solcher Satz würde bei den Krimis des Hessischen Rundfunks (wir denken an Frankfurter Highlights früherer Jahre oder den Wiesbadener Tatort mit Ulrich Tukur) in der Regel als Siegel für Qualität und das Abheben von 08/15-Produktionen stehen. Doch hier fühlt sich von Beginn an vieles zu bemüht an.

Die 1171. Tatort-Folge wirkt schräg um des schräg sein Willens, stellt unsere Geduld oft auf die Probe und lässt elementare Zutaten für überzeugende Krimi-Unterhaltung vermissen: Die Spannungskurve dümpelt ebenso im Keller vor sich hin wie das Entführungsopfer, die Auflösung der nur pro forma gestellten Täterfrage und spätere Wendungen sind für den Zuschauer mühelos im Voraus zu erahnen und auch die bittersüße Schlusspointe und die weiblichen Nebenfiguren lassen uns ungewohnt kalt.

Mit keiner der "starken Frauen" – neben Seibold Juniors Ex-Gattin spielen auch die Kung-Fu-Kämpferinnen Conny Kaiserling (Christina Große, Angriff auf Wache 08) und Nasrin Herbol (Sara Fazilat, Familienaufstellung) sowie Seibold Seniors Haushälterin Leila el Mansouri (Tala al Deen) gewichtige Rollen für die Handlung – fühlen oder fiebern wir mit, denn keine von ihnen taugt als Reiz- oder Identifikationsfigur. Ihr Schicksal ist uns egal. Auch auf Seiten der Ermittler gibt es (zu) wenig Reibungspunkte.

Noch am ehesten in den Vordergrund spielen kann sich Bernhard Schütz in seiner Rolle als Katzenfreund und auf Krawall gebürsteter Erzfeind der argwöhnischen Veggie-Nachbarin Frau Schöne (Corinna Kirchhoff, Unklare Lage). Das liegt aber auch daran, dass seine Figur stark überzeichnet ist, während andere Charaktere ernst und geerdet angelegt sind.

So wirkt im dreizehnten Fall für Janneke und Brix vieles unrund, wenngleich die Filmemacher für Brix' Mitbewohnerin Fanny (Zazie de Paris) diesmal eine sinnvolle Verwendung finden, statt die Figur in uninteressante Nebenschauplätze (wie die Karaoke-Party im zähen Vor-Vorgänger Die Guten und die Bösen) einzubauen: Fanny ermittelt undercover im Kung-Fu-Club und darf sich sogar am Durchschlagen einer Ziegel versuchen. Mehr Durchschlagskraft hätte auch diesem enttäuschenden Krimi gut zu Gesicht gestanden.

Bewertung: 4/10


7 Kommentare:

  1. So unterirdisch schlecht.
    Billigst produzierten und
    eine miserable Story

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  2. Ich fand es traurig. Tatort ist angeblich die Creme de la Creme deutscher Filmkunst.
    Langweilig war mir, schlecht gemacht. Leider wieder mal. Für mich jedenfalls.

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  3. Der Tatort war nicht so gut...
    Zu konstruierte Story, zu wenig Empathie erzeugende Charaktere...
    Das Ende sehr unbefriedigend- der Vater emordet seinen Sohn und wird weder dafür noch für seine Steuer- Verbrechen, von denen wir am Rande erfahren haben, zur Rechenschaft gezogen...
    Und zwei Entführerinnen kochen gemütlich, während sich eine weitere ins Ausland abgesetzt hat...
    Sehr unglaubwürdig.

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  4. So ein schlechter Sonntags-Tatort! !!
    Zur besten Sendezeit,
    sowie der erste Tatort nach der Sommerpause! !! Ein Armutszeugnis! !!!
    Zum Glück gibt's ja NETFLIX. ..

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  5. Total unrealistisch: keine Anklage für den Mörder und Steuerbetrüger. Und auch die Frauen kommen ungeschoren davon. Also ist auch nach der Sommerpause der Tatort nicht besser geworden, schade. So kann man auch die Zuschauer vergraulen.

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  6. Ich fand, dass einige Schauspieler in diesem Krimi laienhaft gespielt und hölzern gesprochen haben. Die Handlung fand ich jedoch interessant. Ich habe mir diesen Tatort angesehen, weil ich den Schauspieler Wolfram Koch gut finde. Ich habe ihn erst kürzlich entdeckt. Er hat mir in einer Rolle so sehr gut gefallen, dass ich mehr von und mit ihm sehen möchte. Mir gefällt schon allein seine Mimik.

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