Ein Hauch von Hollywood

Folge 390 | Sender: SFB | 13. Juli 1998 | Regie: Urs Odermatt
Bild: rbb
So war der Tatort:

Parodistisch gemeint – aber bis heute unerreicht schlecht. 

Eigentlich soll Ein Hauch von Hollywood eine Krimi-Satire sein, doch schon der Sendetermin erweist sich als schlechtes Omen: Der Tatort wird nicht wie gewohnt am Sonntagabend ausgestrahlt, sondern an einem Montag um 23 Uhr. Die Folge: Mit gerade einmal 1,1 Millionen Zuschauern fahren die Berliner Hauptkommissare Ernst Roiter (Winfried Glatzeder) und Michael "Zorro" Zorowski (Robinson Reichel) die bis heute niedrigste Einschaltquote einer Tatort-Erstausstrahlung ein. 

Die Ursachen für diese beispiellose Katastrophe liegen aber nicht nur am Sendetermin oder der erneut schlechten Bildqualität, die wie alle Berliner Tatort-Folgen der Roiter-Ära der Betacam geschuldet sind: Wer sich auf einen spannenden Krimi oder eine bissige Satire gefreut hat, wird bei diesem peinlichen Machwerk bitter enttäuscht. 

Dabei klingen Besetzung und Inhalt vielversprechend: Hollywood-Schauspieler Roland Haas (Johannes Brandrup, Racheengel) kehrt anlässlich der Internationalen Berliner Filmfestspiele in seine Heimatstadt zurück und wird bei einer Pressekonferenz von dem geistig verwirrten Hugo Kowalski (Michael Gwisdek, Schiffe versenken) bedroht. Kurze Zeit später verschwindet er. Kowalski gibt an, Haas getötet und im Teltow-Kanal versenkt zu haben – doch Roiter zweifelt. 

Drehbuchautor Jiri Polák, dessen zweites TV-Skript bis heute sein letztes geblieben ist, macht seine augenzwinkernd gemeinte Geschichte zum 90-minütigen Krampf: Die missratene Persiflage ist allenfalls bei einem Dialog zwischen Roiter und dem verdächtigen Dr. Jansen (Dieter Mann, Falsches Leben) originell, wenngleich das Gespräch stark an eine ähnliche Szene in der Odenthal-Folge Tod im All erinnert.


ROITER:
Wo waren Sie zur Tatzeit?

JANSEN:
Wie soll ich diese Frage verstehen? Die Patienten haben bereits geschlafen, das Personal hat ferngesehen. Tatort.


Hätten sich auch die Filmemacher im Vorfeld intensiver mit der Tatort-Reihe auseinandergesetzt, wäre dem Zuschauer vielleicht einiges erspart geblieben: In Ein Hauch von Hollywood gibt es kaum eine glaubwürdige Szene. Da verschluckt ein Hund ein Handy, das in seinem Magen weiterklingelt, ein Journalist (Falk Rockstroh, Schmuggler) fällt unbeholfen in das einzige Loch im Eis eines zugefrorenen Kanals, und ein Verdächtiger fragt mitten im Geständnis, ob er etwas Schokolade haben könne. 

Auch die Nebendarsteller – unter ihnen klangvolle Namen wie Götz Schubert (Kaltblütig), Marie-Lou Sellem (Vergissmeinnicht) oder Gustav-Peter Wöhler (Heimspiel) – können den 390. Tatort nicht retten, im Gegenteil: Sie sprechen derart monoton, dass unweigerlich die Frage aufkommt, ob Regisseur Urs Odermatt sie diesen unnatürlichen Sprachstil ganz absichtlich einsetzen lässt. Leid tun kann einem vor allem Martin Wuttke, der später als Hauptkommissar Andreas Keppler in Leipzig ermittelt und dem hier nur wenig Kamerapräsenz vergönnt ist: Er brilliert in seiner Rolle als Ex-Schauspieler Georg, der nach einem Unfall an den Rollstuhl gefesselt ist. 

Abgegriffene Kalendersprüche ("Gedanken sind frei." – "Die Zeit heilt Wunden.") wechseln sich ab mit steifen und emotionslos vorgetragenen Standardzeilen ("Ich brauche Zeit." – "Ich werde warten.") und wirken hier wie ein trauriger Versuch, den öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag zu erfüllen. Skurril auch die unpassende Filmmusik: Norbert Jürgen Schneider (Waidmanns Heil) setzt die komplette Spielzeit auf die immergleiche Akkordeon-Klänge, Jahrmarkt-Dudeleien und etwas, das entfernt an Sirenen-Gesang erinnert. 

Am Ende häufen sich dann auch noch plumpe Slapstick-Szenen: Eine junge Frau tritt auf ein Skateboard und rauscht kreischend die Straße entlang – Roiter will ihr helfen, läuft allerdings einen Akkordeonspieler über den Haufen und stürzt über eine Balustrade, die ihn kläglich auf dem Boden der Tatsachen landen lässt. Dort landen 1998 nach vernichtender Kritik auch die Filmemacher, denn Ein Hauch von Hollywood wirkt unter dem Strich wie ein Puzzle mit hohem Trash-Faktor – nur, dass die einzelnen Teile überhaupt nicht zusammenpassen und am Ende vor allem eines zurückbleibt: Chaos.

Bewertung: 1/10